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Ministrieren:Auf dem richtigen Weg

Ministranten lernen in ihren Gruppenstunden nicht nur, wann sie im Gottesdienst klingeln müssen. Sie lernen das Leben und sich selbst besser kennen.
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.20
Von:
Andreas Kraft

Paula Schmidt, Oberministrantin in Hof, steht ganz oben auf dem Kirchturm und schaut über die Stadt. Die Neonreklamen der Krankenkassen, Sparkassen und Hotels leuchten in den Abend. Ihr Blick bleibt an dem blau erleuchteten Dach der Freiheitshalle hängen. Bis zu 6.000 Besucher passen da hinein, Thomas Gottschalk hat dort schon „Wetten, dass.. ?“ moderiert. Könnte man in der Halle auch die Christmette feiern? Genug Platz wäre, um den nötigen Abstand einzuhalten. In der Pfarrei Bernhard Lichtenberg werden viele Möglichkeiten durchgespielt. Niemand weiß, was der Winter bringt.

Ministrieren

Doch was im Frühjahr war, daran erinnert sich die 17- jährige Paula noch gut: „Die Osternacht ist definitiv mein Lieblingsgottesdienst“, sagt die Oberministrantin. „Es ist der schönste Moment im Kirchenjahr, wenn im Dunkeln zum Gloria das Licht angeht. Das hat mir ganz schön gefehlt.“ Statt in der Osternacht am Altar zu stehen, hat sie dann spontan mit ihrer Familie zu Hause eine Andacht gefeiert. „Das war schon ein anderes Osterfest“, sagt sie.

Paula läuft die steile Treppe des Kirchturms hinunter, nur ihr Smartphone spendet ein wenig Licht. Sie kennt den Weg durch das Labyrinth aus Räumen und Gängen genau. In den vergangenen Jahren wurden Kita und Pfarrzentrum neu gebaut, doch die alten Gebäude stehen noch. Über die Kirche ist alles miteinander verbunden. „Wir haben in der Gruppenstunde neulich eine Schnitzeljagd durch alle Gebäude gemacht“, sagt die Oberministrantin. „Da hatten vor allem die Kleinen viel Spaß. Und bei denen sieht man auch, wenn sie unter der Maske lächeln. Das erkennt man an den Augen.“ Solche Momente seien der Lohn für viele Stunden Vorbereitung.

Ministrieren

Beim Ministrieren lernt man definitiv, sich vor Menschen auf eine Bühne zu stellen. Das gibt eine Menge Selbstvertrauen.“

-Paula Schmidt, Oberministrantin

Seit den Sommerferien läuft die Ministrantenarbeit in Hof wieder: Gruppenstunden finden statt und auch im Gottesdienst dürfen die Kinder und Jugendlichen ministrieren. „Natürlich stehen wir nicht zu zehnt am Altar“, sagt Paula. „Aber zwei bis vier Minis sind jetzt bei jedem Gottesdienst wieder dabei.“ In Hemhofen, im Süden des Erzbistums, sieht es ganz anders aus, wie der dortige Oberministrant Alexander Zips berichtet.

Ministrieren

Der Seelsorgebereich verzichtet – aus Gründen der Hygiene – auch im Herbst weiterhin auf Ministranten. „Uns fehlen die Begegnungen, dass man sich mal trifft und sich kurz austauschen kann“, sagt er. Während der Zeit der Kontaktbeschränkung hat er viel unternommen, um weiterhin mit allen Minis in Verbindung zu bleiben: Wöchentliche Gruppenstunden fanden in der Videokonferenz statt – mit „Mensch ärgere dich nicht“, „Montagsmaler“ oder „Stadt, Land, Fluss“. „Denen, die dabei waren, hat es unheimlich viel Spaß gemacht“, sagt er. Aber einige hätten sich einfach nicht eingewählt. Neben Homeschooling war ihnen wohl nicht nach einer weiteren Videokonferenz. In den vergangenen Jahren war die Anzahl an Ministrantinnen und Ministranten in Hemhofen- Zeckern kontinuierlich gestiegen. „Jetzt sind in vier Wochen sechs Minis ausgetreten“, sagt Alexander. „Es waren alles Jugendliche, bei denen ich nicht damit gerechnet hätte, dass sie bald aufhören.“ Man hört an seiner Stimme, dass der Verlust weh tut.

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Auch in Hof haben ein paar Minis aufgehört. „Aber nicht mehr als sonst“, sagt Paula. Sie konnte die Kinder und Jugendlichen nach und nach zurück an den Altar holen. Und: Die Ministrantinnen und Ministranten haben einen neuen Dienst übernommen. Zusammen mit ein paar von den älteren engagiert sich Paula jetzt auch als Ordnerin bei den Gottesdiensten. Sie weist die Gläubigen darauf hin, ihre Maske aufzusetzen, sich die Hände zu desinfizieren und in die Liste einzutragen. Und sie schickt diejenigen, die zu spät kommen, wieder nach Hause. „Wenn der Gottesdienst begonnen hat, dürfen wir keinen mehr reinlassen“, sagt Paula. „So sind nun mal die Hygienebestimmungen.“ Und Paula ist eisern geblieben bei den vielen Diskussionen mit Gläubigen, die schon seit vierzig Jahren die Kirche besuchen. „Inzwischen kommen alle pünktlich“, sagt Paula und lächelt.

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Der Dienst am Altar formt Persönlichkeiten. Der ehemalige ZDF-Intendant Markus Schächter hat in seinem Buch „Die Messdiener“ zahlreiche Größen der Fernsehbranche versammelt: von Thomas Gottschalk über Günther Jauch und Anne Will bis hin zu Markus Lanz. Sie alle eint eins: In ihrer Kindheit und Jugend kamen sie als Minis Sonntag für Sonntag in die Kirche. Für Schächter ist eins klar: Der Dienst am Altar hat sie alle auf ihre spätere Karriere vorbereitet. Das kann auch Alexander Zips bestätigen. Der 24-Jährige studiert Architektur und ist gerade im Praktikum. „Alle Augen sind auf einen gerichtet“, sagt er. „Beim Ministrieren lernt man definitiv, sich vor Menschen auf eine Bühne zu stellen. Das gibt eine Menge Selbstvertrauen.“ Als Oberministrant lerne man zudem, vieles zu organisieren und Menschen zu motivieren. Alleingelassen werde man dabei aber nicht. Bei den Oberministranten-Kursen, die das Referat für Ministrantenpastoral des Jugendamtes der Erzdiözese Bamberg anbietet, habe er viel gelernt und viel Spaß gehabt. Inzwischen engagiert er sich zusätzlich auch im diözesanen Ministranten-Arbeitskreis, der Aktionen vorbereitet und Minis vor Ort mit Ideen für Gruppenstunden unterstützt.

Von der Freude am gemeinsamen Engagement spricht auch Paula immer wieder. „Wir sind wie eine zweite Familie“, sagt sie. „Wir sind füreinander da und geben aufeinander acht.“ Und anders als vielleicht im Sportverein, gehören auch Gespräche über den Sinn des Lebens zum Mini-Sein einfach dazu. So finden viele nicht nur den Weg zu Gott, sondern auch den Weg zu sich selbst.

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Ministrantenpastoral im Erzbistum Bamberg

Das Referat Ministrantenpastoral ist Ansprechpartner für alle Fragen rund um den Ministrantendienst und eine Anlaufstelle für die Ministrantenarbeit auf Pfarreiund Dekanatsebene. Die Fachstelle dient der Förderung, Unterstützung und Begleitung der Oberministrantinnen und Oberministranten und der Verantwortlichen in der Ministrantenarbeit. Sie koordiniert und vernetzt die Ministrantenarbeit auf Dekanats-, Diözesan- und Jugendverbandsebene. Mehr Informationen über die Ministrantenpastoral im Erzbistum Bamberg: www.minis-im-erzbistum.de