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Die Kirche und Geld:"Bei uns gibt es keine schwarzen Kassen"

Kirchensteuer Vetter
Interview mit Finanzdirektor Mathias Vetter: Was macht die Kirche mit ihrem Geld?
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.16
Von:
Harry Luck

Eine neue Bischofsresidenz mit Luxus-Badezimmer, Karpfenteich und beheizten Olivenbäumen, das alles bei explodierenden Kosten, die niemand kontrollieren konnte. Wäre ein solcher Skandal wie in Limburg auch auf dem Bamberger Domberg möglich?

Die ordnungsgemäße kirchliche Vermögens- und Finanzverwaltung hängt auch eng mit der Frage der Kontrollmechanismen zusammen. Es kommt entscheidend darauf an, wie die Entscheidungs- und Aufsichtsgremien funktionieren. Im Erzbistum Bamberg gibt es den Vermögensverwaltungsrat und den Diözesansteuerausschuss, der mit gewählten geistlichen und weltlichen Vertretern aus den Pfarreien besetzt ist. Es werden wirtschaftliche und finanzielle Fragen im Zusammenhang mit den pastoralen Themen diskutiert. Die Beschlussfassung über den Haushalt sowie die Anerkennung des Jahresabschlusses sind eine zentrale Aufgabe der Gremien. So wird sichergestellt, dass mit dem Geld der Kirchensteuerzahler und Spender verantwortungsvoll umgegangen wird. Die Einhaltung des Haushaltsplans sowie die ordnungsgemäße Rechnungslegung werden zudem von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kontrolliert. Einen Skandal im Umgang mit den Finanzen wie in Limburg kann ich mir aus diesen Gründen im Erzbistum Bamberg nicht vorstellen.

Was hat die Kirche aus dem Limburger Skandal gelernt?

Alle 27 Diözesen in Deutschland stellen im Zuge einer „Transparenzoffensive“ ihre Finanzen von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung auf die kaufmännische doppelte Buchführung um. Ab 2018 bilanzieren auch wir wie jedes andere größere Unternehmen in der freien Wirtschaft auf der allgemeingültigen Grundlage des Handelsgesetzbuchs. Im Jahr 2013 haben wir auch das Vermögen offen gelegt. Es gibt im Erzbistum Bamberg nichts zu verbergen.

Oft wird ein großes Geheimnis gemacht um den „Bischöflichen Stuhl“ und seine Finanzen. Was genau verbirgt sich dahinter?

Der Bischöfliche Stuhl ist eine eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts. Er ist eine Art Pfründestiftung für den Bischof, die schon bei der Bistumsgründung im Jahr 1007 von Kaiser Heinrich II. eingerichtet wurde. In Bamberg befindet sich im Bischöflichen Stuhl ein Vermögen von 1,5 Millionen Euro, was vergleichsweise wenig ist, wenn man auf andere Bistümer blickt. Während das Dotationskapital zu erhalten ist, können die Erträge daraus für allgemeine kirchliche Aufgaben verwendet werden. Verwaltet wird der Bischöfliche Stuhl von der Erzbischöflichen Finanzkammer. Das ist keine geheime Kasse, wie in der Öffentlichkeit fälschlicherweise vermutet wird.

Apropos geheime Kassen: Können Sie versichern, dass es keine geheimen Konten gibt? Es hält sich hartnäckig das Gerücht, am Domberg gebe es eine Kasse, aus der Unterhalt für heimliche Priesterkinder bezahlt werde.

Dieses Gerücht hält sich seit Jahrzehnten hartnäckig. Es stimmt jedoch nicht. Die Rechtspersonen Erzbistum Bamberg, Erzbischöflicher Stuhl, Emeritenanstalt und kleinere Stiftungen werden in der Erzbischöflichen Finanzkammer zentral verwaltet und von externen Wirtschaftsprüfern geprüft. Ich kann versichern: Es gibt bei uns keine schwarzen Kassen oder derartige Zahlungen.

Finanzdirektor Vetter

Wenn man unter einer 'Kirche der Armen' eine arme, mittellose Kirche verstünde, dann könnte sie an vielen Stellen nicht in der Weise helfen, wie es gewünscht wird und sie es heute tut."

Finanzdirektor Vetter

Der Haushalt des Erzbistums Bamberg hat im Jahr 2016 ein Volumen von 186,2 Millionen Euro. Wofür braucht die Kirche soviel Geld?

Fast die Hälfte des Geldes fließt unmittelbar in die Seelsorge. Im Erzbistum Bamberg befinden sich über 550 Kirchenstiftungen und mehr als 350 katholische Kindertagesstätten, die Finanzmittel zur Bewältigung der ortskirchlichen Aufgaben benötigen. Neben der Vergütung der pastoralen und weltlichen Beschäftigten, über 7.800 Mitarbeiter ohne den Caritasbereich, muss auch für den Erhalt der Infrastruktur viel Geld aufgewendet werden. Die Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen ist derzeit ein Schwerpunkt im Erzbistum Bamberg. Bei der Berufsfachschule Maria-Hilf in Bamberg sowie den Maria-Ward-Schulen in Nürnberg und Bamberg stehen große Bau- und Sanierungsmaßnahmen an, die uns im Jahr 2016 sowie darüber hinaus fordern.

Papst Franziskus spricht immer von der „Kirche der Armen“. Was bedeuten diese Worte für Sie als kirchlicher Finanzdirektor?

Die Kirche muss allen Menschen dienen, nicht nur den Christen in unserem Land und unabhängig von den Gesellschaftsschichten. Die Katholische Kirche in Deutschland hat die Möglichkeit, durch das bestehende Finanzierungssystem vielfältige kirchliche und caritative Aufgaben für die Gesellschaft zu realisieren. Durch die finanziellen Möglichkeiten können wir auch unseren Beitrag in der Flüchtlingshilfe, im Rahmen der weltkirchlichen Aufgaben, beispielsweise für unsere Partnerdiözese Thiés im Senegal, oder in Katastrophenfällen leisten. Wenn man unter einer „Kirche der Armen“ eine arme, mittellose Kirche verstünde, dann könnte sie an vielen Stellen nicht in der Weise helfen, wie es gewünscht wird und sie es heute tut.

Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt, zugleich steigen die Kirchensteuereinnahmen? Wie können Sie das erklären?

Aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation in Deutschland steigen die Gehälter der Beschäftigten und damit auch die Kirchensteuereinnahmen. Daher können im Moment noch die finanziellen Einbußen durch den Rückgang der Kirchenmitglieder mehr als ausgeglichen werden. Das wird aber nicht so weitergehen. Wir wissen, dass aufgrund der demografischen Entwicklung, der berufsbedingten Abwanderung von Einwohnern aus dem Norden unseres Erzbistums und auch der Kirchenaustritte unser finanzieller Spielraum mittelfristig abnehmen wird. Es gilt, sich heute bereits darauf einzustellen, dass wir dann kleinere Brötchen backen müssen.

Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Steigende Einnahmen verleiten gerne dazu, neue Aufgaben und Projekte zu beginnen. Bei sinkenden Einnahmen fällt es dann schwer, sich wieder davon zu verabschieden. Wir stellen uns schon seit einiger Zeit die Frage, welche diözesanen und pfarrlichen Gebäude mit welchen Funktionen langfristig noch gebraucht werden, welche pastoralen und gesellschaftlichen Aufgaben wir auf lange Sicht noch wahrnehmen können. Da müssen wir überall genau hinschauen und mit Bedacht Maßnahmen einleiten, damit wir nicht irgendwann mit dem Rücken zur Wand stehen und nicht mehr reagieren können.

Seit 2015 ziehen die Banken von Zinserträgen automatisch Kirchensteuer ab. Das hat viele zum Kirchenaustritt veranlasst, weil der Eindruck entstand, es wird eine zusätzliche Kirchensteuer erhoben. Was ist da dran?

Auf Kapitalerträge wurde auch bisher schon die Kirchensteuer abgezogen. Geändert hat sich lediglich das Erhebungsverfahren. Durch die etwas spärlichen Informationen der Banken ist der Eindruck entstanden, dass eine neue Kirchensteuer erhoben wird. Das ist aber nicht der Fall. Vielleicht hätte die katholische Kirche im Vorfeld selbst stärker informieren müssen. Wer aus der Kirche austritt, um Steuern zu sparen, sollte übrigens auch immer bedenken, dass die Kirchensteuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als Sonderausgabe abzugsfähig ist. Dieser Abzugsanteil fällt bei einem Austritt weg. Das heißt, dass sich nicht der gesamte Betrag im Geldbeutel wiederfindet.

Die Kirchensteuer geht auf Regelungen zurück, die über 200 Jahre alt sind. Ist die Kirchensteuer noch zeitgemäß in einer Zeit, in der die Kirche in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung verliert?

Die Kirchensteuer macht 85 Prozent der Einnahmen des Erzbistums Bamberg aus. Durch die Kirchensteuer werden nicht nur kirchliche Aufgaben finanziert, sondern auch viele soziale und gesellschaftliche Leistungen erbracht, die sonst der Staat und somit der Steuerzahler übernehmen müsste. Natürlich gibt es in einigen Ländern auch andere Varianten, wie die Spenden- und Kollektensysteme oder die Zweckbindung staatlicher Steuern. Eine nur aus Spenden finanzierte Kirche wie in den USA, Frankreich oder Portugal könnte eine Abhängigkeit einzelner Pfarreien von Großspendern zur Folge haben. In Frankreich befinden sich die Kirchengebäude zum Teil im staatlichen Eigentum. Die steuerlichen Lösungen in Italien und Spanien sind keine Beiträge von Kirchenmitgliedern sondern staatliche Steuern, die im gewissen Umfang vom Steuerzahler kirchlichen oder kulturellen Zwecken zugeordnet werden können. Diese Finanzierungsformen stellen jedoch aus meiner Sicht keine wirkliche Alternative zur Kirchensteuer dar, wenn die Kirchen in Deutschland die Aufgabenvielfalt aufrechterhalten wollen und auch sollen.

Wofür genau das Erzbistum Bamberg Geld ausgibt, erfahren Sie unter http://kirchensteuer.erzbistum-bamberg.de/