Neuer Erzbischof:"Die Freude am Glauben soll wieder spürbar werden."
Ein Jahr lang haben Sie nach dem Rücktritt von Erzbischof Ludwig Schick das Erzbistum als Administrator geleitet. War die Wahl zum neuen Bamberger Erzbischof trotzdem eine große Überraschung für Sie?
Es war für mich schon eine Überraschung. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass ein Bischof von außen in unser Bistum kommt, so wie es ja bei meinen beiden Vorgängern auch gewesen ist. Dafür gibt es gute Gründe. Aber es spricht natürlich auch etwas dafür, dass jemand ernannt wird, der sich schon auskennt, in den Strukturen beheimatet und bereits eingearbeitet ist. So können wir nun den Übergang ziemlich geräuschlos gestalten, da wir ja auch lange auf einen neuen Erzbischof gewartet haben. Dass ich dies nun bin, hätte ich bis zuletzt nicht gedacht.
Wäre dieses Amt denn auch Ihr persönlicher Wunsch gewesen?
Gewünscht habe ich es mir sicher nicht. Nein, das sage ich ganz ehrlich: Ich wäre gerne weiter Weihbischof geblieben. Ich habe mir aber schon frühzeitig klargemacht: Sollte die Wahl auf mich fallen, werde ich nicht ablehnen. Was der liebe Gott mir zutraut, das nehme ich dankbar an. Die Freude der Menschen, die mir begegnen, macht mich demütig, dankbar und zuversichtlich – und gibt mir Kraft für meine sicher nicht leichte Aufgabe.
Sie haben schon viele Einblicke gesammelt. In der Priesterausbildung waren Sie zum Beispiel tätig. Sie waren auch Bischofsvikar für die Caritas und kennen die soziale Arbeit der Kirche. Wo wollen Sie in Ihrer Amtszeit Schwerpunkte setzen?
So eine Zeit ist natürlich schwer zu überblicken. Wir werden, ob wir es wollen oder nicht, weniger werden. Wir werden mit geringeren Ressourcen bei Personal und Geld auskommen müssen. Da ist es schon wichtig zu sagen, worauf wir uns konzentrieren müssen. Wie können wir sicherstellen, dass der christliche Glaube, der so unendlich wichtig für die Menschen ist, auch bei den Menschen ankommt, sodass er gefeiert werden kann, dass er verkündet werden kann, dass Menschen ihn auch als für ihr Leben wichtig wahrnehmen können. Mir ist wichtig, dass die Freude am Glauben wieder spürbar wird. Daran möchte ich gerne mitarbeiten, so gut mir das möglich ist.
Was der liebe Gott mir zutraut, das nehme ich dankbar an.“
Erzbischof Herwig Gössl
Sie haben in Interviews kurz nach Ihrer Ernennung anklingen lassen, dass nicht jedes Reformvorhaben die Menschen zurück in die Kirche bringe. Welche Reformen genau haben Sie denn damit gemeint?
Es gibt die bekannten Themen, die immer gleich angefragt werden: Schafft den Zölibat ab, weiht Frauen zu Priestern. Ich frage dann immer zurück: „Würden denn Ihre Enkelkinder oder Kinder wieder in die Kirche gehen oder mit Kirche etwas anfangen können, wenn diese Fragen anders gelöst werden?“ Die Antwort ist dann meist sehr ehrlich: eigentlich nicht. Daher denke ich nicht, dass sich mit der Umsetzung dieser Reformen die Situation der Kirche grundlegend verändern würde. Ich meine, dass echte Reform immer damit anfangen muss, dass man zum Kern des Glaubens findet und sich aus dieser Mitte heraus dann konkrete Schritte der Veränderung in der Kirche ergeben – die zweifellos nötig sind.
Kann die Kirche in Deutschland bei manchen Reformideen vorangehen oder muss alles auf der Ebene der Weltkirche geändert werden?
In grundlegenden Fragen müssen wir schon den Weg gemeinsam gehen. Wenn es um die Frauenweihe, die Struktur der Kirche oder die Definition des Bischofsamtes geht, ist es nicht vorstellbar, dass wir das in Deutschland anders regeln als in anderen Ländern. Da geht es um den Kern, und da müssen wir uns schon einig werden. Die Frage nach dem Zölibat hingegen könnte aber vielleicht unterschiedlich geregelt sein. Wir haben auch schon unierte Ostkirchen, die keine Verpflichtung zum Zölibat haben.
Sie haben gesagt, dass Sie sich die Weihe von Frauen derzeit nicht vorstellen können.
Ich habe auch gesagt, dass ich nicht weiß, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird. Wenn es dazu kommen sollte, möchte ich das auch theologisch nachvollziehen können. Ich kann in der Tradition der Kirche dafür im Moment keine Anknüpfungspunkte erkennen. Anders beim Diakonat der Frau: Da sehe ich durchaus Möglichkeiten.
Die katholische Kirche hat derzeit nicht den besten Ruf. Was kann sie dagegen tun?
Es passiert so viel Gutes bei uns, vor allem in den Pfarreien, in den Verbänden, in der Jugendarbeit. Das wird leider nicht immer ausreichend wahrgenommen. Oder denken wir an die Caritas. Viele Menschen sind zwar sehr dankbar für die Arbeit der Caritas, aber ihnen ist gar nicht klar, dass Caritas etwas mit katholischer Kirche zu tun hat. Wir müssen glaubwürdig deutlich machen, dass Kirche mehr ist als die negativen Schlagzeilen in den Medien.
Bleibt als Bischof auch Zeit für Hobbys? Was tun Sie in Ihrer Freizeit?
Ich mag klassische Musik, spiele auch manchmal selbst Klavier. In der Küche beim Frühstück läuft immer der Klassiksender des BR. Ich koche gerne für Gäste und halte mich sehr gern in der Natur auf. Ich fahre Fahrrad, wenn ich ein Ziel habe. Und wenn das die nächste Frage ist: Beim Joggen wird man mich wohl eher nicht antreffen.
Herwig Gössl wurde am 22. Februar 1967 in München geboren und wuchs in Nürnberg auf. 1986 trat er ins Bamberger Priesterseminar ein und wurde 1993 von Erzbischof Elmar Maria Kredel zum Priester geweiht. Nach vier Jahren als Kaplan in Bayreuth, St. Hedwig, wurde er im September 1997 zunächst zum Pfarradministrator und schließlich zum Pfarrer der Pfarreien Hannberg und Weisendorf im Dekanat Erlangen ernannt. 2007 berief ihn Erzbischof Schick zum Subregens im Bamberger Priesterseminar; ein Jahr später wurde er als Subregens im Würzburger Priesterseminar bestätigt. Seither wirkte er als Bindeglied zwischen den beiden Diözesen, die in der Priesterausbildung eng zusammenarbeiteten. Am 24. Januar 2014 ernannte Papst Franziskus Gössl zum Weihbischof in Bamberg. Er wurde auch Bischofsvikar für die Caritas und Dompropst. Später übernahm er die Leitung des Seelsorgeamtes. Seine Ernennung zum Erzbischof von Bamberg wurde am 9. Dezember 2023 bekanntgegeben. Die offizielle Amtseinführung fand am 2. März 2024 mit einem Gottesdienst im Bamberger Dom statt.
Weitere Informationen rund um das Leben und Wirken unseres neuen Erzbischofs gibt es unter: www.erzbischof.erzbistum-bamberg.de