Zum Inhalt springen

Über das Sams, David und Goliath:"Eltern sollten öfter aus der Bibel vorlesen“

Sams-Autor Paul Maar hat keine guten Erinnerungen an seine eigene religiöse Erziehung. Jetzt im Alter von 80 Jahren findet er den Weg zurück zur Kirche. Im Interview verrät der Bamberger Autor, worum er überzeugte Christen beneidet und was das Sams in seinem neuen Buch erlebt.
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.17
Von:
Nadine Luck
Paul Maar

Zu Ihrem 80. Geburtstag schenken Sie Ihren Lesern eine Weihnachtsgeschichte vom Sams. Will das Sams dem Nikolaus oder dem Christkind Konkurrenz machen beim Wünsche erfüllen?

Das Sams weiß gar nicht, was Weihnachten ist, und ist einfach fasziniert von der Weihnachtsgeschichte. Es lässt sie sich von Herrn Taschenbier erzählen und macht sehr lebenspraktische Anmerkungen. So fragt es etwa, ob es nicht unhygienisch war, das neugeborene Kind in eine Krippe zu legen, aus der Ochs und Esel gefressen haben. Es fragt, ob die Hirten sich die Schuhe abgeputzt haben, als sie in den Stall kamen. Die Geschenke der Heiligen Drei Könige, Weihrauch, Gold und Myrrhe, findet es doof. Bis auf das Gold, denn dafür konnten sich Maria und Josef etwas zu essen kaufen. Da sagt das Sams: „Toll, wenigstens einer von den drei Königen hat was Praktisches geschenkt.“ Das ist ein Spiel mit der Weihnachtsgeschichte. Vielleicht würde ein syrisches Kind heute ähnliche Fragen stellen, wenn es die Weihnachtsgeschichte hört.

Welche Bedeutung haben Bilder aus der Bibel für Kinder und was unterscheidet sie von reinen Fantasiegeschichten?

Ich lese gern die Bibel, am liebsten das Alte Testament. Es ist ein Fundus von Geschichten und Mythen. Ich denke, die Eltern sollten öfter mal den Kindern aus der Bibel vorlesen, aber ihnen dabei das Alte Testament nicht vorenthalten. Man sagt heute oft, das Alte Testament sei grausam. Aber die Geschichte von David und Goliath fand ich als Kind schon immer toll: Wenn man selbst ein bisschen wie David war, von anderen Kindern unterdrückt und gemobbt, dann konnte man sich vorstellen: Wenn jetzt ein Goliath kommt, dann besiege ich ihn. Das hat mich innerlich gestärkt, wenn ich mich als David fühlen konnte.

Paul Maar

Sind Sie als Kind religiös erzogen worden?

Ich habe nicht so gute Erinnerungen an die katholische Erziehung durch meine Großmutter: Sie ging jeden Morgen um sechs Uhr in die Frühmesse, ich musste mit, und jeden Morgen gegen fünf Uhr aufstehen. Bei Schulbeginn war ich dann schon müde. Mädchen anzuschauen war unkeusch und verboten. Ich habe lange gebraucht, bis ich als junger Mann Sexualität nicht mehr als schlecht und befleckend empfunden habe. Von daher musste ich mich erst von dieser religiösen Erziehung lösen. Aber langsam finde ich den Weg zurück zur Kirche.

Sie sagten mal, Sie haben keine Angst vor dem Tod, sondern seien gespannt und neugierig, was danach kommt. Beneiden Sie Gläubige, die sich in dieser Sache sicher sind?

Vielleicht haben die Christen recht, die sagen, dass es zu einer Auferstehung kommt irgendwann. Vielleicht haben die indischen Religionen recht, dass es eine Wiedergeburt gibt. Ich weiß es nicht. Aber wahrscheinlich beneide ich schon die, die sich in dieser Frage wirklich sicher sind.

Sie sind in Schweinfurt geboren, leben aber aus Überzeugung in Bamberg. Was verbindet Sie mit Bamberg als Dom- und Bischofsstadt?

Den Bamberger Dom habe ich bei einer Exkursion als Kunststudent kennengelernt. Der Dom hat mich so fasziniert, dass ich ein kleines gereimtes Theaterstück über ihn geschrieben habe mit Kaiser Heinrich als Hauptfigur: Es streiten sich Himmel und Hölle um die Seele von Heinrich. Da neigt sich schon die Waagschale zur Hölle, weil er nicht nur ein guter Mensch war. Dann wirft Sankt Laurentius einen goldenen Kelch in die Waagschale, die sich dann zur anderen Seite neigt, und die Seele steigt schnell in den Himmel. Die Botschaft lautet: Weil wir keine goldenen Kelche geschenkt bekommen, ist es besser, schon zu Lebzeiten so zu leben, dass die Waagschale sich gar nicht zur Teufelsseite neigt.

Paul Maar

Paul Maar

Im Jahr seines 80. Geburtstags beschert Paul Maar seinen Lesern ein neues Sams-Buch: „Das Sams feiert Weihnachten“. Der Oetinger-Verlag feiert seinen berühmten Schriftsteller im Jubiläumsjahr auch mit neu illustrierten Ausgaben von „Eine Woche voller Samstage“ und „Onkel Florians fliegender Flohmarkt“. Obendrein erscheint „Das große Buch von Paul Maar“ mit neuen und alten Geschichten, Reimen, Bildern. Paul Maar wurde in Schweinfurt geboren und lebt in Bamberg. Sein erstes Buch "Der tätowierte Hund" erschien 1968, es folgten rund 50 weitere. Das erste Sams-Buch kam 1980 auf den Markt. Er hat drei Kinder und drei Enkel. (An Ruhestand denkt er nicht: „Das Hochgefühl, wenn ich am Schreibtisch sitze und mir gerade eine gute Geschichte eingefallen ist, bei der es läuft und läuft und die Figuren zu sprechen beginnen – das möchte ich nicht mehr missen".)