Frankenland - Marienland
"Wohlauf, die Luft geht frisch und rein“, der Sommer ist da, die Sonne strahlt, die Natur erblüht. Die Menschen sehnen sich nach Bewegung draußen an der frischen Luft. Denn, so heißt es weiter, „wer lange sitzt, muss rosten“. Vor 150 Jahren, als dieser Text ent- stand, wussten die Menschen schon, was wir heute durch Reisebeschränkungen neu erkennen: Die schönen Ziele liegen oft ganz nah. „Ich will zur schönsten Sommerszeit ins Land der Franken fahren“, singen die Ober-, Mittel- und Unterfranken noch heute gemeinsam im Frankenlied, ihrer inoffiziellen Landeshymne. Seit diesem Jahr werden die Franken aufs Neue in der Natur verbunden, beim Wandern oder Pilgern.
Der Fränkische Marienweg wurde 2002 im Bistum Würzburg gegründet. „‚Fränkisch‘ war aber nur die halbe Wahrheit. Genauer nur eine Drittel-Wahrheit“, gibt der Forchheimer Dekan Martin Emge zu. Schließlich umfasst das Bistum Würzburg hauptsächlich den Bezirk Unterfranken. Über seinen Würzburger Schönstatt-Kollegen, den Pilgerpfarrer und Projektinitiator Josef Treutlein, hat er die positive Resonanz auf den Marienweg mitbekommen. „Ich wollte deshalb den Weg unbedingt auch ins Erzbistum holen“, erklärt Emge, der ursprünglich aus dem Würzburger Bistum stammt, aber seit 30 Jahren im Erzbistum Bamberg als Priester tätig ist. Mit der Erweiterung um über 1.000 Streckenkilometer sind jetzt auch Ober- und Mittelfranken erschlossen und mit dem bereits bestehenden Teil in Unterfranken verbunden. Mit einer Gesamtlänge von etwa 2.000 Kilometern ist der Fränkische Marienweg sogar der längste zusammenhängende Wanderweg in Deutschland.
Wenn ich alleine pilgere oder wandere, dann habe ich meinen eigenen Takt, kann das Tempo selbst bestimmen.
Ich kann mich und den Weg erfahren, meine Sorgen verarbeiten, individuell verweilen."
-Martin Emge
„Die Franken sind ein Wallfahrtsvolk. Das Pilgern liegt ihnen im Blut“, stellt Emge fest. Deshalb singen sie auch im Frankenlied: „Wallfahrer ziehen durch das Tal mit fliegenden Standarten. Hell grüßt ihr doppelter Choral den weiten Gottesgarten.“ Wandern und Pilgern ist Genuss für Leib und Seele: durch die Bewegung in der Natur und für den Seelenfrieden. Über 40.000 Wegkilometer sind auf dem Grund der Bistümer Bamberg und Würzburg für Wanderer erschlossen. Gepflegt werden diese häufig von Wandervereinen. Einige davon sind Teil der Marienweg-Pro- jektgruppe des Erzbistums Bamberg. Sie waren beratend bei der Streckenauswahl tätig und sorgen dafür, dass die Wege für die Wanderer durch Markierungsschilder gut erkennbar sind. Etwa ein Viertel der Strecke im Erzbistum musste neu erschlossen werden. Vor allem im Bereich der Fränkischen Alb entstanden so neue Wege, die auch für passionierte Wanderer eine reizvolle Erfahrung sind. Ohnehin ging es bei der Streckenauswahl nicht darum, die kürzeste Verbindung zwischen zwei Wallfahrtsorten, sondern die reizvollste zu finden, erklärt Emge: „Die Wege führen durch Wälder, an Wiesen und Feldern vorbei; am Wegrand sind Tümpel oder Felsen. Und ein vermeintlicher Umweg mit einem Aufstieg entlohnt dann mit einem wunderschönen Ausblick.“
Häufig wird den Wanderern auf dem Weg auch Maria begegnen. Viele Kirchen und Kapellen auf dem Land und in der Stadt sind ihr geweiht. Doch auch eher unscheinbar finden sich Madonnen an Hauswänden, in kleinen Kapellen oder auf Bildstöcken am Wegesrand. „Wer sich mit Maria beschäftigt, der kommt früher oder später an Christus nicht vorbei“, so Emge. „So vertieft Maria den Glauben an Gott. Sie ist für viele Menschen ein Glaubensvorbild – eine Mutter und zugleich eine Begleiterin.“ Und eine Beschützerin: „Maria geht dem pilgernden Gottesvolk voran.“ Im Frankenland wird zusammen mit dem Kreuz in der Regel auch das Wallfahrtsbild vorangetragen, das das Gnadenbild des Wallfahrtszieles zeigt. Maria geht also häufig auch symbolhaft voran, um die Pilgernden vor Unheil zu beschützen. Auch aus biblischer Sicht ist sie als Gläubige unterwegs. Sei es nun beim Besuch bei Elisabeth, auf dem Weg nach Bethlehem, auf der Flucht nach Ägypten oder beim Kreuzweg – Maria trägt den Glauben weiter von Ort zu Ort. So wie die Pilgernden ihren Glauben von einem Ort zum anderen tragen. Auch erfahrene Wallfahrer können durch den Fränkischen Marienweg eine neue Erfahrung machen: „Bisher besteht eine Wallfahrt vielerorts aus dem Weg von der Heimatpfarrei zu einer traditionellen Wallfahrtskirche. Nun können sie neue Orte entdecken“, so Emge. Denn unter den 40 Orten im Erzbistum sind neben klassischen Wallfahrtsorten, wie Marienweiher, Gößweinstein und Vierzehnheiligen, auch eingeschlafene Pilgerstätten, neu entstandene Mariengedenkstätten und einige evangelische Kirchen – schließlich ist das Gebiet des Erzbistums zu großen Teilen protestantisch geprägt. In einem Pilgerausweis können Stempel von allen Stationen gesammelt werden. Gemeinsam mit dem ADFC werden auch etwa 600 Kilometer zwischen den Wallfahrtsorten für Radfahrer erschlossen. Größtenteils sind die Wege mit der Wanderroute identisch, teils werden auch eigene fahrradtaugliche Wege beschildert. Wer lieber zu Fuß unterwegs ist, kann sich entscheiden, ob lieber alleine oder in der Gruppe. Beides hat für Emge Vorteile: „Wenn ich alleine pilgere oder wandere, dann habe ich meinen eigenen Takt, kann das Tempo selbst bestimmen. Ich kann mich und den Weg erfahren, meine Sorgen verarbeiten, individuell verweilen. In der Gruppe dagegen lässt sich eine andere Dynamik erfahren: Die Gruppe zieht mich mit, wenn ich müde bin. Und ich muss in Kontakt mit anderen treten. Beim gemeinsamen Pilgern erlebt man Gemeinschaft und hilft sich gegenseitig zum Beispiel mit Wasser oder Wanderstöcken aus.“
Dabei ist – anders als im Frankenlied – jeder auf dem Fränkischen Marienweg willkommen: Kirchennahe oder -ferne, Familien beim Wochenendausflug, Firmlingsgruppen auf dem Fahrrad, Mitglieder von Wandervereinen, Einzelpilger, Kunst- und Architekturinteressierte, Einheimische und Gäste. Sie alle können sich, der Natur und Maria auf dem Fränkischen Marienweg begegnen (in Zeiten der Corona-Pandemie natürlich immer unter Einhaltung der gegebenen Schutzmaßnahmen).
Haben Sie Lust, auf dem Fränkischen Marienweg zu wandern?
Informationen, wie zum Beispiel Termine für gemeinsames Pilgern oder auch Routen zum Download, finden Sie unter: www.fraenkischer-marienweg.de.
Oder kontaktieren Sie das Diözesanpilgerbüro des Erzbistums Bamberg. Dort sind ein Faltblatt mit allen Terminen zu geführten Pilgerwanderungen, eine Übersichtskarte zum Wegenetz, ein Wanderführer mit genauen Wanderkarten, ein Pilgerausweis und ab Oktober auch ein Kurzführer zur Radroute „Fränkischer Marienweg in Oberfranken“ erhältlich. Kontakt: pilgerbuero@erzbistum-bamberg.de, Telefon 0951 5022502, www.pilgerbuero-bamberg.de