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Weltwärts:Im Einsatz für das Leben

Jeanine Diouf war eine der drei Weltfreiwilligen, die im vergangenen Jahr im Erzbistum Bamberg gearbeitet haben. Sie will nun ihre Erfahrungen aus dem Klinikum Bamberg in Thiès umsetzen.
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.19
Von:
Andreas Kraft
Weltfreiwillige Krankenhaus

Ihre Augen leuchten, dabei war es nicht immer leicht im letzten Jahr. Jetzt sitzt Jeanine Diouf in einem kleinen Raum auf der Intensivstation des Bamberger Klinikums und erzählt mit einem Lächeln auf den Lippen von ihren Erfahrungen als Weltfreiwillige in Bamberg. „Ich habe unglaublich viel gelernt, was ich jetzt mit nach Hause nehmen kann“, sagt die 32-jährige Krankenschwester. Und sie hofft, dass sie ihr neues Wissen nutzen kann, um die Klinik daheim in Thiès zu verbessern. Die Diözese im westafrikanischen Senegal unterhält eine lebendige Partnerschaft mit dem Erzbistum Bamberg.

Jedes Jahr reisen junge Erwachsene aus Franken nach Afrika, Lateinamerika und Indien, um dort ein Jahr zu arbeiten. Dafür besuchen zwei Senegalesen und zwei Tansanier Deutschland. Unterstützt durch das internationale Freiwilligenprogramm „Weltwärts“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, sollen sich so die Kulturen besser kennen und verstehen lernen. Organisiert wird das Programm vom Jugendamt der Erzdiözese in Kooperation mit dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Der Wissenstransfer soll auch dabei helfen, die wirtschaftliche Entwicklung im globalen Süden zu fördern und das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern.

Als Jeanine im September 2018 in Deutschland ankommt, kann sie so gut wie kein Deutsch. An einem Montag beginnt der Deutschkurs, am Donnerstag kann sie die Farben, bestimmt Wochentage und liest die Uhr. 400 Wörter stehen in der Vokabelliste von Jeanine Diouf und den anderen Weltfreiwilligen. Schon ziemlich viele, für nur vier Tage: Gut 1000 Worte muss man beherrschen, um sich in einer fremden Sprache so ausdrücken zu können, dass man einigermaßen zurechtkommt.

Weltfreiwillige Krankenhaus

Ich habe unglaublich viel gelernt, was ich jetzt mit nach Hause nehmen kann"

Doch noch ist alles ziemlich fremd. Bei manchen Lauten kneifen die Weltfreiwilligen die Augen zu, als müssten sie ihre Zungen kompliziert verknoten. Mit ihrer Lehrerin haben sie vereinbart, die Pausen zu kürzen, damit sie eine Stunde länger am Tag Deutsch lernen können. Jedes Wort zählt. „Gestern habe ich einem kleinen Jungen im Supermarkt zugehört“, sagt Francis Kaji Michael, der aus Tansania kommt und im Jugendtreff Struwwelpeter in Kronach gearbeitet hat. „Ich habe genau hingehört und versucht dahinterzukommen, was die Verkäuferin sagt. Dann habe ich es plötzlich verstanden: Das kostet vier Euro.“ Francis lacht.

Nur langsam kommt er an in Bamberg. Das Bemerkenswerteste ist für ihn, wie die Deutschen mit der Liebe umgehen. „Man sieht überall Paare, die Händchen halten und sich küssen. Manche sind noch ganz jung, andere schon in Rente.“ In Tansania wäre das undenkbar. Dort muss zunächst der Mann die Frau für sich gewinnen, im Geheimen können beide vielleicht ein paar Worte austauschen. Damit er um ihre Hand anhalten kann, braucht der Bräutigam Unterstützer und Fürsprecher aus der Gemeinde und Geschenke für die Brauteltern, Kleider und Vieh. Nach der Verlobung darf er unter Umständen im gleichen Haus übernachten wie die Braut, aber sicher nicht im gleichen Bett.

In Deutschland sieht man überall Paare, die Händchen halten und sich küssen – das wäre bei uns undenkbar.

-Francis Kaji Michael, Weltfreiwilliger aus Tansania

Weltfreiwillige Krankenhaus

Auch für Jeanine ist diese Welt hier fremd. Anfangs fällt es ihr ziemlich schwer, sich im kalten Deutschland zurechtzufinden. Das Heimweh plagt sie. Das Licht fehlt im November und die Kälte macht ihr zu schaffen. Sie weint viel. Doch mit dem Schnee im Januar wird es langsam besser.

In dieser Zeit wechselt sie auch die Station. „Auf der ersten Station durfte ich nur putzen“, erinnert sie sich. „Das war natürlich frustrierend.“ Schließlich ist Jeanine ausgebildete Krankenschwester. Der zweite Start auf der neuen Station fällt deutlich leichter. Sie kann sich inzwischen viel besser ausdrücken und die neuen Kollegen trauen ihr auch alles zu. Sie arbeitet gleichberechtigt mit den anderen zusammen. Die Kollegen freuen sich nicht nur über die Unterstützung, die sie bei dem hohen Arbeitsdruck des Berufes ein wenig entlastet. Sie freuen sich vor allem über Jeanines offene und fröhliche Art. Man spürt gleich, wie viel sie zusammen lachen.

Voll des Lobes ist auch der pflegerische Stationsleiter, Volker Rau. „Sie ist wirklich ein Gewinn für uns“, sagt er. „Sie hat einen tollen Draht zu den Patienten.“ Hier auf der Intensivstation sind die Patienten nach größeren Operationen oft instabil, die Atmung stockt, der Kreislauf stottert. Viele sind Opfer schwerer Verkehrsunfälle. Da sind eine gute Hygiene und genaue Dokumentation ungemein wichtig.

Die hiesigen Standards hat Jeanine in den vergangenen Monaten verinnerlicht. Nun hofft sie, dass sie einiges davon in Thiès umsetzen kann – zum Wohl der Patienten. „Da können wir wirklich etwas bewegen“, sagt sie. Bei der technischen Ausstattung wird es da schon schwieriger.

An den Deutschen schätzt sie vor allem, dass alle so respektvoll sind – Rassismus habe sie nicht ein einziges Mal erlebt – und die flachen Hierarchien: „Hier machen wirklich alle Schwestern die gleiche Arbeit“, sagt sie. „Das finde ich schön.“ 

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Ein Jahr ins Ausland

Interessierte für den Weltfreiwilligendienst 2020/21 können sich schon jetzt beim Jugendamt der Erzdiözese bewerben. In Afrika, Lateinamerika oder Indien arbeiten sie in sozialen Projekten und Berufen, in Kindergärten, Schulen, Altenheimen oder Krankenhäusern. Möglich wird dies auch durch die Finanzierung über das Förderprogramm "weltwärts" des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Weitere Informationen beim Referat Weltfreiwilligendienst im Jugendamt der Erzdiözese, Telefon 0951 / 8688-40 oder im Internet unter www.weltfreiwilligendienst.jugend-im-erzbistum.de