Pfarrsekretärinnen erzählen:Konstanten im Wandel
Die Augen von Claudia Keller funkeln, als sie die Matrikelbücher ihrer Pfarrei Heilige Familie Münchberg aus dem Tresor holt. Bis 1896 reichen die Einträge darin zurück. Taufen, Trauungen und Todesfälle auf vergilbtem Papier. Ihre Matrikelbücher sind für die 47-jährige Pfarrsekretärin – abgesehen von der Bibel – die Bücher schlechthin. „Sie verbinden Tradition und Zukunft“, sagt Keller.
Tatsächlich: Wenn sie mit Füller und Tinte Eheschließungen oder Taufen in die ledergebundenen Register einträgt, wirkt es wie ein Relikt aus alten Tagen. Maus und Tastatur haben schließlich längst Einzug in das moderne Pfarrbüro in Münchberg gehalten. Da aber Archivare wissen, dass kein Medium der Welt ein geschriebenes Blatt Papier ersetzt, werden die Matrikelbücher noch heute wie anno dazumal geführt – parallel zur Software-Variante.
Im Pfarrbüro trifft immer wieder Tradition auf Zukunft.“
-Claudia Keller
Eine Metapher für den Wandel, der im Berufsfeld der Pfarrsekretärinnen und Pfarrsekretäre allgegenwärtig ist: Als Waltraud Kießling vor 25 Jahren in den Pfarreien St. Michael Marktzeuln und Mariä Himmelfahrt Hochstadt als Pfarrsekretärin angestellt wurde, gab es dort einen ortsansässigen Pfarrer. „Um Entscheidungen abzuklären hat es da gereicht, einmal über den Hausflur zu huschen“, erinnert sich die 59-Jährige. Heute gehören die Pfarreien zu einem Seelsorgebereich. Der leitende Priester ist nicht immer zur Stelle. Das wirkt sich auch auf die Verwaltung aus. Kießling muss eigenständiger arbeiten als früher: „Ins Pfarrbüro kommen Leute mit verschiedensten Anliegen. Ich muss dann entscheiden, was ich selbst bearbeite und was ich an den Pfarrer weiterleite.“
Darüber ist Kießling nicht böse, denn der Kontakt mit Gemeindemitgliedern stellt für sie den Kern ihrer Arbeit dar: „In einem Vierteljahrhundert als Pfarrsekretärin haben sich Arbeitsweisen und Zuständigkeiten verändert. Der Umgang mit Menschen war jedoch schon immer das Wichtigste“. Diese Begegnungen möglichst angenehm zu gestalten, ist den Verwaltungskräften eine Herzensangelegenheit. Angela Weltz, seit elf Jahren Pfarrsekretärin in St. Marien Coburg und St. Marien Bad Rodach, weiß: „Wenn jemand schlechte Erfahrungen im Pfarrbüro macht, dann hat das Auswirkungen auf sein ganzes Verhältnis zur Kirche.“ Deswegen versteht sie ihren Berufsstand als Markenbotschafter – als Gesicht der Kirche vor Ort.
Arbeitsweisen ändern sich. Aber das Wichtigste bleibt der Umgang mit Menschen.“
-Waltraud Kießling
Diese Nähe zu wahren, darin sieht die 55-Jährige die größte Herausforderung im Bistumsprozess „Erzbistum mitgestalten“. Der wird bis Ende 2019 neue Seelsorgebereiche bringen – und damit auch räumliche Veränderungen hinsichtlich der Pfarrbüros. Als Vorsitzende des Berufsverbands der Pfarrsekretärinnen und Pfarrsekretäre, der seit 20 Jahren besteht, wird Weltz in den Planungsprozess der Umstrukturierung mit eingebunden. Mögliches Zukunftsmodell: Ein „gemeinsames Pfarrbüro“ für jeden Seelsorgebereich.
„Zentrale Verwaltung bedeutet jedoch nicht, dass die Präsenz vor Ort ganz aufgegeben wird“, versichert Heinrich Hohl, Leiter der Stabsstelle Diözesane Entwicklung im Erzbistum Bamberg. Es seien ergänzende Kontaktbüros in den Einzugsgebieten der Seelsorgebereiche geplant. Um ihre Arbeitsplätze müssen die Pfarrsekretärinnen und Pfarrsekretäre jedenfalls nicht bangen: „Es wird kein ‚Eindampfen‘ von Verwaltungspersonal geben – vielmehr sollen sogar Arbeitsstellen in den Büros hinzukommen, um die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten“, sagt Hohl.
Wir Pfarrsekretärinnen sind Markenbotschafter der Kirche.“
-Angela Weltz
Trotz Umbruchstimmung lassen diese Worte Optimismus aufkommen. Waltraud Kießling blickt dem Bistumsprozess jedenfalls gelassen entgegen: „Wandel hat es bei uns ständig gegeben. Bis jetzt haben wir es immer geschafft, die neuen Herausforderungen zu meistern.“ Sie und ihre Kolleginnen sehen vor allem Chancen, die sich ergeben. Bessere Vernetzung untereinander, Spezialisierungsmöglichkeiten, Urlaubsvertretungen, längere Öffnungszeiten – für Kießling, Keller und Weltz große Pluspunkte der geplanten zentralen Verwaltungsbüros.
Für die Berufsgruppe der Pfarrsekretärinnen und Pfarrsekretäre sind die Veränderungen, die „Erzbistum mitgestalten“ anstößt, letztendlich nur ein weiterer Umschwung in einer Reihe von vielen. Zwei Konstanten aber werden immer bleiben – da ist sich Claudia Keller sicher: Ihre geliebten Matrikelbücher und die Gewissheit, als Pfarrsekretärin am richtigen Platz zu sitzen, wenn sie Menschen weiterhelfen kann.