Bamberger Dommusik:Domkapellmeister Vincent Heitzer
Musik liegt in der Luft, wenn man sich am Mittleren Kaulberg 35 dem Haus der Domchöre nähert. Hier schwingt seit einigen Monaten der neue Domkapellmeister Vincent Heitzer nicht nur den Taktstock. Man trifft ihn fast genauso oft an der Tischtennisplatte oder am Basketballkorb. Denn das Haus der Domchöre ist nicht nur Probenraum, sondern auch ein Spiel- und Begegnungstreff mit großem Garten und Fußballtor, und am Profi-Pizzabackofen ist schon manche Probe gesellig zu Ende gegangen. „Wir sind eine große musikalische Familie“, sagt Heitzer, und die Begeisterung für seinen neuen Job steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Diese Begeisterung teilt er auch mit den Mädchen und Jungen, die mehr mals wöchentlich hier proben und auch sonst gerne Zeit verbringen. „Ich kriege manchmal Gänsehaut, wenn wir singen. Wir klingen einfach so schön“, sagt die 15-jährige Nike. Jakob (11) meint, ihm gefalle Kirchenmusik und es mache großen Spaß, in der Gemeinschaft zu singen. Antonia (11), die privat Billie Eilish hört oder Musik von Adele auf dem Klavier spielt, freut sich besonders auf die Auftritte in der Advents- und Weihnachtszeit. Nur das lange Stehen sei manchmal anstren- gend. Und Jonathan (8) stellt schlicht fest: „Das Singen ist eine Leidenschaft, die hat man halt.“
Diese Leidenschaft hat Vincent Heitzer von Kindesbeinen an. In der ersten Klasse fing er wie viele mit der Blockflöte an. „Seitdem habe ich jeden Tag meines Lebens Musik gemacht“, sagt der gebürtige Niederländer, der im nordrhein-westfälischen Heinsberg aufgewachsen ist und dort auch Messdiener war. Sein Heimatpfarrer sensibilisierte ihn für Kirchenmusik. Seinen ersten Kin- derchor leitete er mit 17 Jahren. Nach Abitur und Zivildienst studierte er an der Katho- lischen Hochschule für Kirchenmusik in Aachen. Von 2010 bis 2013 folgte ein Masterstudiengang Katholische Kirchenmusik mit Schwerpunkt Chor- und Ensembleleitung an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Nach Stationen als Kirchenmusiker in Geilenkirchen, Wassenberg und Bonn wurde Heitzer 2015 Kantor an der Basilika Sankt Aposteln in Köln. Von 2018 bis 2020 übernahm er eine Gastprofessur für Orgel in Kolumbiens Hauptstadt Bogota. Konzerte führten ihn in bedeutende Kirchen und Konzertsäle im In- und Ausland. Für einige Jahre war Heitzer Titularorganist des Nationalen Jugendchores Venezuelas und Chorleiter des Kölner Kammerchors „Cantamo“.
Wir sind eine große musikalische Familie.
Vincent Heitzer
Selbst auf die Idee gekommen, sich nach Bamberg zu bewerben, wäre er wohl nicht. Doch als bei der Suche nach einem Nachfolger für Werner Pees, der nach 23 Jahren in den Ruhestand trat, sein Name fiel, war die Entscheidung bald gefallen. Begeistert ist der stets gut gelaunte Kirchenmusiker von der Akustik im beeindruckend schönen Bamberger Dom und von der schönen Altstadt sowieso. Auch wenn das Bamberger Bier für einen Kölner natürlich gewöhnungsbedürftig ist.
Im privaten Bereich ist der 43-Jährige musikalisch ein Kind der 90er Jahre, weshalb man in seinem Autoradio auch mal Roxette, Herbert Gröne- meyer oder Elton John hören kann. Mit Erzbischof Schick besuchte er vergangenen Sommer erstmals die Bayreuther Festspiele. Die Einteilung in „klassische“ und „moderne“ Musik ist ihm fremd. „Dommusik wird immer zeitgemäß sein“, betont er. In erster Linie geht es im bei seiner Musikaus- wahl um „gute Musik“, also um Musik, die handwerklich gut gemacht ist und die alle Sinne anspricht. So sind neben den großen Messen und Oratorien der vergangenen Jahrhunderte mittlerweile auch einige Rock- und Popsongs längst Klassiker geworden. Ideen hat er viele, um neue Impulse zu setzen: „Die Dommusik will immer das musikalische Vorbild für die Diözese sein.“
Der erste urkundlich erwähnte Auftritt eines Bamberger Domchores ist schon über 1.000 Jahre her: Am 14. April 1020 sang er beim Besuch von Papst Benedikt VIII. Offiziell als „Dom- kantorat“ gegründet wurde der Chor 1192 von Bischof Otto II. Diese über 800-jährige Tradition wird bis heute fortgeführt. Der Bamberger Domchor ist, so wie die Regensburger Dom- spatzen, ein reiner Knabenchor, der die festlichen Gottes- dienste in der Bischofskirche mitgestaltet und dabei auch an den Hochfesten von den Profis der Bamberger Symphoniker begleitet wird. Bevor man Sänger im Hauptchor wird, erfährt man schon ab dem Grundschulalter in den Vorchören eine Gesangsausbildung, lernt Noten und bekommt Gehör- und Rhythmuserziehung (das Ganze übrigens kostenlos). Und während des Stimmbruchs werden die jungen Sänger auf ihre neue Stimme als Tenor oder Bass vorbereitet und treffen sich wöchentlich in der – so heißt sie wirklich – „Mutantengruppe“. Schon im Alter von anderthalb Jahren können Kinder im „Musikgarten“ erste spielerische Erfahrungen machen, bevor sie ab dem letzten Kindergartenjahr an der chorischen Früherziehung teilnehmen.
Seit 1989 gibt es neben dem Knabenchor die Mädchen- kantorei und seit 1995 auch die Domkantorei, in der überwiegend frühere Sängerinnen und Sänger von Domchor und Mädchenkantorei singen. Der Domkapellmeister ist verantwortlich für den Domchor, die Domkantorei mit rund 65 jungen Sängerinnen und Sängern und die Mädchenkantorei am Bamberger Dom mit rund 60 Sängerinnen. Vincent Heitzer trat im Mai die Nachfolge von Werner Pees an, der nach 23 Jahren in den Ruhestand verabschiedet wurde. Seitdem der Domkapell- meister im Oktober mit Katharina Ackva eine neue Assistentin bekommen hat, ist das Team der Dommusik wieder komplett.
Weitere Infos: www.bamberger-dommusik.de