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Jonas Ochs im Interview:“Respekt ist das Credo des Hip-Hop“

Respekt ist das Credo des Hip-Hop
Der Frontmann der Gruppe „Bambägga“, Jonas Ochs, hat schon mal in einem Gottesdienst gerappt. Im Interview erzählt er uns, warum er Glauben extrem cool findet, was Hip-Hop mit Seelsorge zu tun hat und welche Perspektive er für die Kirche sieht.
Datum:
Veröffentlicht: 4.7.23
Von:
Harry Luck

Eine Frage vorweg: Kannst du kurz euren Bandnamen erklären?
„Bambägga“ kommt einerseits von Bamberg. Wir wollten, dass die Stadt etwas besser daherkommt und man nicht wie in meiner Jugend am Strand im Urlaub zu den Mädels sagt: „Ich komme aus der Nähe von Nürnberg.“ Bamberg ist cool, heute wenigstens. Und dann ist Bägga der Bäcker: Wir machen Musik mit der Hand, organisieren uns selbst. Und wir sind alle Frühaufsteher. Das hat mit dem BäckerBeruf gematcht. Das Brotbacken kann man ebenso wie das Rappen relativ leicht lernen ohne Vorkenntnisse. Brot isst man auf der ganzen Welt, man teilt es gerne und es macht Menschen satt. Brot ist etwas sehr Ehrliches, eine Brotzeit ist etwas Entschleunigendes, Menschen kommen zusammen. Das haben Brot und Musik gemein. Das sind für mich starke Bilder, die auch mit dem Glauben zu tun haben.

Es gibt den Begriff des Gangster-Rappers, und zugleich liest man immer wieder von „christlichem Hip-Hop“. Wo in dieser Bandbreite liegen „Bambägga“?
Wir kommen alle aus einem behüteten Elternhaus, wo es keine brennenden Mülltonnen gab, und sind weit entfernt vom Gangster-Rap. Wir machen aber auch keinen christlichen Hip-Hop. Wir engagieren uns für ein solidarisches Miteinander und Respekt in der Gesellschaft, für Nächstenliebe und gegen Ausgrenzung und Rassismus. Respekt ist das Credo im Hip-Hop. Ich versuche in meiner Sprache, meinen Glauben zu leben. Letztlich sind unsere Konzerte auch so etwas wie Gospel-Veranstaltungen, wenn wir das Publikum miteinbeziehen und ansprechen. Es sagte schon mal jemand: „Das ist ja wie bei einer Predigt bei euch.“ Das fand ich ein interessantes Lob.

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Du sagst über dich „I‘m a believer“. Was meinst du damit? 
Ich bin christlich erzogen worden. Meine Eltern sind mit mir in die Kirche gegangen. Lagerfeuer, Gitarre und Kirchenlieder haben meine Kindheit geprägt. Ich bin mit Bibelstellen und Herbert Grönemeyer sozialisiert worden. Für mich waren Kirche und Glauben auch immer Halt im Leben. Das hat meine Wertvorstellungen geprägt. Meinen Zivildienst habe ich in der Katholischen Hochschulgemeinde absolviert. Heute arbeite ich hauptberuflich bei der Lebenshilfe.

Können dich Bibeltexte auch für Songtexte inspirieren?
Ja, unbedingt! Bibeltexte fand ich schon immer sehr inspirierend, insbesondere von der Bildsprache her. Sie haben eine unendliche Tiefe.

Ein gläubiger Rapper, ist das nicht ein bisschen uncool?
Ich finde Glauben extrem cool. Ich bin der festen Überzeugung, dass Glaube etwas sehr Bereicherndes ist. Man kann sich mit Geld alles kaufen, aber es wird immer eine Leere bleiben, wenn man nicht das Gefühl hat, irgendwo angekommen zu sein. Das ist ein unbezahlbarer Moment, den ich erleben kann, ohne irgendwelche Substanzen einnehmen zu müssen. Es ist auch eine wichtige Einstellung im Leben, dass man nicht alles mit dem Verstand erklären kann.

Hast du das vor 20 Jahren auch schon so gesehen?
Wenn man älter wird, fühlt man sich nicht mehr so unzerstörbar wie mit Anfang zwanzig. Ich beginne jeden Tag mit einer demütigen Haltung und sage: Ich bin glücklich, einfach da zu sein. Jeder weiß: Lebend kommen wir hier alle nicht raus. Das kann ich mit einer verwurzelten Glaubensmentalität besser aushalten. Dann versuche ich, das Beste zu machen aus dem heutigen Tag, vielleicht anderen Gutes zu tun. Diese positive Grundhaltung wollen wir weitergeben.

Ihr seid inzwischen Ü30-Rapper!
Ja, das ist ein neues Genre: der Dad-Rap. Junge Väter, die am Wickeltisch freestylend die Windeln wechseln. Vor 13 Jahren waren wir mal Vorband der Fantastischen Vier. Die stehen jetzt schon seit 30 Jahren auf der Bühne und zeigen, dass man als Hip-Hopper in Würde altern kann. Das macht uns Mut.

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Hip-Hop ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft mit allem Schönen und Negativen.“

Jonas Ochs

Habt ihr schon mal in einer Kirche gerappt?
Ja, ich habe am Palmsonntag in der Erlöserkirche zum Thema Selbstliebe gerappt. Kirchenmusik muss nicht nur klassisch Orgel und Chor sein. Da haben uns andere Kulturen schon etwas voraus. Hip-Hop ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft mit allem Schönen und Negativen. Es gibt ja einen fränkischen Pfarrer, der im Fasching seine Predigt gerappt hat. Das wurde in den sozialen Medien heiß diskutiert. Ich fand das cool und einen witzigen Versuch, auf andere Leute zuzugehen. Hip-Hop darf doch alles. Und Hip-Hop kann auch Seelsorge sein. Denn Musik drückt alles aus. Es ist das Top-Medium, über Texte und Lyrik Stimmung aufzugreifen. Deshalb hat es auch etwas Seelsorgerisches. Im April waren wir bei der ökumenischen „Woche für das Leben“ dabei.

Die Kirche hat heute oft ein Problem, junge Menschen zu erreichen. Was müsste die Kirche tun, damit wieder mehr junge Leute zum Gottesdienst kommen? Was könnte die Kirche von Hip-Hop lernen?
Was die Kirche schon gut macht, ist: jedem die Hand zu reichen, unabhängig von Herkunft, Titel und Ausbildung. Was muss die Kirche tun? Sich öffnen, ohne die Ausrichtung zu verlieren, kritisch mit sich selbst sein. Glauben ist auch, Fehler zu machen und dazu zu stehen, daraus zu lernen und sich zu optimieren. Damit wird sie glaubwürdig und authentisch. So könnte die Kirche für die Zukunft etwas Staub abschütteln und wieder frisch werden.

Welche Zukunft siehst du für die Kirche?
Ich gebe der Kirche eine gute Perspektive, weil ich das Gefühl habe, dass viele junge Menschen erschöpft sind von der Vielfalt der Angebote. Man kann hundert Posts auf Instagram und TikTok machen und wird immer noch eine gewisse Leere spüren. Ich glaube, dass sich das mit den Smartphones so entwickeln wird wie mit dem Rauchen. Vor 30, 40 Jahren hat jeder geraucht, in Kneipen, an Unis und im Fernsehen, es war normal. Irgendwann hat man gemerkt, dass es vielleicht nicht so gesund ist. Ich denke, man wird dahin kommen, nicht mehr alles ständig zu posten, sondern manchmal zu entschleunigen und den Blick nach oben zu richten. Dann wird man auch dem Glauben wieder begegnen, Kirche als Ort kennenlernen und sich dort auch kreativ für die Gemeinschaft einbringen