„Die andere Lernwelt“:Überzeugend christlich
Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir ... und das an jedem Tag!“
Montagmorgen, kurz nach 8 Uhr. An manch anderer Schule werden jetzt schon Matheformeln gepaukt oder Deutschaufsätze geschrieben. Nicht so in den Räumen der Maria-Ward-Realschule in Bamberg. Gemeinsam mit ihrer Klassenlehrerin Frau Ansley sitzen die 26 Schülerinnen der 5cR in einem Stuhlkreis. In ihrer Mitte brennt eine Kerze. Es ist die Klassenkerze der 5cR. Wenn sie an ist, dann ist jedem im Raum klar: Jetzt hören wir uns zu. Es geht dann um die Klassengemeinschaft, es geht um Schönes, es wird viel gescherzt, aber es geht auch um Dinge, die den Schülerinnen auf dem Herzen liegen: Sorgen, Ängste, Probleme. Hier haben sie einen Raum, in dem sie alles miteinander teilen können. Egal, was die 11-jährige Paulina ihren Klassenkameradinnen in diesem Kreis erzählt, „hier muss ich keine Angst haben, ausgelacht zu werden“, sagt sie.
Das verbindet. Miteinander und eine gute Atmosphäre werden großgeschrieben in der „anderen Lernwelt“. Die Morgenkreise sind nur ein Beispiel für die vielen Bemühungen, die an den Schulen in Trägerschaft des Erzbistums Bamberg unternommen werden, um genau das zu gewährleisten.
Acht solcher Schulen gibt es an der Zahl: zwei Gymnasien, drei Realschulen, eine Grundschule, ein Abendgymnasium und eine Berufsfachschule an den Standorten Bamberg, Nürnberg und Schillingsfürst. Einige davon sind reine Mädchenschulen, die nach den Grundsätzen der englischen Ordensfrau Mary Ward (17. Jh.) Mädchen und junge Frauen erziehen und bilden.
Jede der Schulen agiert für sich selbständig, ist staatlich anerkannt, aber sie haben einen gemeinsamen Nenner: Das Fundament der „anderen Lernwelt“ bilden – neben der pädagogischen Arbeit – christliche Werte. Die Schülerin oder der Schüler wird hier nicht nur nach Leistung beurteilt, sondern ganzheitlich betrachtet – mit all den individuellen Sorgen, Stärken und Schwächen. „Du wirst hier gesehen – Du wirst hier gestärkt“ lautet ein Leitspruch. Kinder und Jugendliche zu glücklichen, selbstbewussten, christlich denkenden und (mit)fühlenden Menschen zu erziehen – das ist das Ziel. Ebenso wie ihre Persönlichkeit zu stärken und sie so aufs Leben vorzubereiten. Wichtig ist, wie man einander begegnet: wertschätzend, den Einzelnen sehend. Hilfe anbieten, nachfragen, wie es der anderen oder dem anderen geht.
Damit das gelingen kann, helfen neben den Pädagoginnen und Pädagogen alle mit. Fürsorge ist der Begriff, der fällt. Eine Schulfamilie besteht nicht nur aus Lehrkräften und Schulkindern, sondern auch aus den Reinigungskräften, den Sekretariatsmitarbeitenden, den Mitarbeitenden in den offenen Ganztagesschulen, den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, den Tutorinnen und Tutoren sowie den Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorgern, die immer ein offenes Ohr haben. Sie alle tragen dazu bei, dass sich die Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule wohlfühlen. Und auffällig ist: Jede und jeder der Genannten spricht von „ihrer“ oder „seiner“ Schule und zeigt dadurch Verantwortung und Engagement.
So auch Schwester Regina, die an der Nürnberger Maria-Ward-Schule unter anderem dafür sorgt, dass das gemeinsame Mittagessen ein Wohlfühlort für alle Schülerinnen ist. Heutzutage seien die Kinder und Jugendlichen oft den ganzen Tag nicht zuhause. „Da ist es umso wichtiger, dass sich jemand in der Mittagspause liebevoll um sie kümmert“, sagt sie. Essenswünsche sind dabei ein Thema oder die Frage danach, wie denn der Tag bisher so gelaufen ist. Ein wenig wie daheim, familiär eben. Schule nicht nur als Ort der Wissensvermittlung, sondern vielmehr auch als Ort, der Halt, Geborgenheit und Orientierung bietet.
Diese christlichen Werte sollen auch unter den Bedingungen kultureller Vielfalt vermittelt werden. Kinder und Jugendliche aus allen Religionen kommen in den Schulen zusammen. Ob muslimisch, evangelisch, katholisch, jeder anderen Konfession zugehörig oder auch konfessionslos. In einer wissenschaftlich geprägten Welt soll jede und jeder erfahren können, wie es ist, Glaube, Nächstenliebe, Offenheit und Toleranz zu leben.
Die Menschen, die an den kirchlichen Schulen des Erzbistums tätig sind, verkörpern diese Haltung wahrhaftig und geben sie aus Überzeugung weiter. Das merkt man, wenn man mit ihnen zu tun hat. Und das merkt man, wenn die Kerze der 5cR brennt. Der besondere Geist, der in den Klassenräumen herrscht, war schon immer so da. Für das Konzept der „anderen Lernwelt“ mussten sich die Verantwortlichen deshalb nichts Neues ausdenken – sie mussten es lediglich in Worte fassen.
Die andere Lernwelt
Was die Schulen des Erzbistums Bamberg eint und einzigartig macht, haben Schulabteilungsleiter Hans-Dieter Franke und die Schulleitungen auf einer Homepage zusammengetragen: www.die-andere-lernwelt.de
Das ist "unsere“ Schule
Christian Trunk
Stellvertretender Schulleiter an der Berufsfachschule Mariahilf Bamberg:
„Ich unterrichte gerne an unserer Schule, weil bei uns eine ganz besondere Atmosphäre herrscht: Halt geben, füreinander da sein. Die Schulfamilie, die Kolleginnen und Kollegen, die Schülerschaft: Auf jede und jeden wird bei uns eingegangen. Alle sind wichtig, alle werden gesehen. Bei uns verweilen Schülerinnen und Schüler nur zwei Jahre, aber wir sind dennoch eine starke Begleitung. Die Absolventinnen und Absolventen melden uns nach dem Ende ihrer Schulzeit zurück, dass sie sich bei uns wohlgefühlt haben.“
Mariella-Sophie Siebert
Schülerin an der Maria-Ward-Schule (Realschule) Bamberg:
„Ich finde es sehr schön, auf eine katholische Schule zu gehen – und auf eine reine Mädchenschule. Die Atmosphäre ist bei uns offen. Wenn ich mal ein Problem habe, kann ich damit zu jeder Lehrkraft gehen. Mir wird dann weitergeholfen, ganz egal worum es geht. Auch innerhalb der Klasse können wir über schwierige oder persönliche Themen sprechen. Ich habe das Gefühl, dass ich hier ‚Ich‘ sein kann.“
Ingrid Deglmann
Lehrerin an der Maria-Ward-Schule (Gymnasium) Bamberg:
„An unserer Schule unterrichten wir unter anderem mit dem Konzept der Freien Stillarbeit. Es ist fester Bestandteil unserer Unterrichtspraxis. Die Schülerinnen können sich zu einem Thema selbst Materialien aussuchen und im eigenen Tempo arbeiten. Dadurch übernehmen sie Eigenverantwortung für ihr Tun. Bei uns ist nicht nur die Leistung wichtig, sondern der Mensch. Das macht unsere Schulen besonders.“
Tamara Schmidt
Schülerin an der Edith-Stein-Realschule Schillingsfürst:
„An unserer Schule mag ich besonders den Morgenkreis, bei dem wir uns über verschiedene Themen austauschen. So kann man mit Freude in die neue Schulwoche starten!“
Susanne Schuster
Lehrerin an der Maria-Ward-Schule (Grundschule) Nürnberg:
„Ich unterrichte gerne an unserer Schule, weil wir hier die Persönlichkeit des Kindes und auch religiöse Angebote im Blick haben. Ich habe auch schon an anderen Schulen unterrichtet. Es ist hier einfach ein anderes Miteinander.“