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Allzeit bereit:Vertrauen ist besser

Pfadfinder verbundene Augen Anna
Sie zelten eine Woche lang im Wald, treten gegeneinander an und machen Feuer. Dabei haben Pfadfinderinnen und Pfadfinder nicht nur eine Menge Spaß, sie finden auch zu sich selbst.
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.18
Von:
Andreas Kraft

Constantin ruft: „Trau Dich!“ Anna spurtet los. Mit verbundenen Augen vertraut sie auf die anderen Pfadfinder, die sie durch den Parcours führen. Da sind Zeltschnüre, über die man stolpern könnte, Löcher im Boden, in denen man umknicken könnte, und dieses Schild. Anna läuft dagegen. Sie erschrickt, dann rennt sie weiter. 

Gestern hat es geregnet, der Boden ist noch feucht. Langsam löst die Sonne den Nebel auf. Anna nimmt die Augenbinde ab und lacht. Ihre Gruppe hat gewonnen, weil sie ihren Freunden vertraut hat. Dafür gibt es einen Stempel in der Kategorie Vertrauen – eine der fünf Fertigkeiten, die sie an diesem Vormittag trainieren.

Gut 200 Kinder und Jugendliche aus Erlangen und Herzogenaurach verbringen beim Bezirkslager der Deutschen Pfadfinderschaft  Sankt Georg (DPSG) eine Woche auf dem Zeltplatz Sauloch in der Nähe von Coburg. Als christliche Pfadfinder halten sie wenig von dem militärischen Drill mit  Uniformen und Fahnen, wie er den Pfadfindern immer als Klischee anhaftet. Bei ihnen stehen die christlichen Werte im Mittelpunkt: Alle sind gleich, der eine achtet auf den anderen, und Konflikte löst man friedlich. 

Darum ging es auch beim Gottesdienst zu Beginn des Zeltlagers mit Kurat Tobias Bienert, der als geistlicher Leiter des Diözesanverbandes der DPSG den Kindern und Jugendlichen mit seinen Worten aufzeigte, wie man die Spirale der Gewalt durchbrechen kann und vom Auge um Auge zur christlichen Nächstenliebe kommt.

„Wir wollen uns zu Erwachsenen entwickeln, die für das Richtige einstehen, auch wenn es mal schwierig wird“, sagt Moritz Kapitza. Seit mehr als 20 Jahren ist er Pfadfinder, beim Bezirkslager ist er der Orga-Chef. Mehr als 18 Monate lang hat der 29-Jährige aus Tennenlohe zusammen mit den anderen Leitern das Zeltlager vorbereitet. Jetzt läuft er über das Gelände und erzählt davon, wie das Pfadfindersein ihm dabei hilft, den richtigen Weg im Leben zu finden.

Pfadfinder

In der Natur lernt man am besten, wie wertvoll sie ist.“

Pfadfinder

„Ich habe alle Schulformen durch“, sagt er und lacht. „Ich war auf der Hauptschule, habe später mein Abi nachgemacht und jetzt studiere ich Umwelttechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Erlangen.“ Bei Zeltlagern und Wanderungen habe er immer wieder sein Leben hinterfragt. Nach seiner Lehre zum Kfz-Mechatroniker sei ihm dabei auch bewusst geworden, dass er etwas Sinnvolleres in seinem Leben machen will als Autos zu reparieren. Während eines Freiwilligen Sozialen Jahres ist er Krankenwagen gefahren. Heute finanziert er mit einer 25-Prozent-Stelle als Rettungssanitäter sein Studium.

Um 10 Uhr hatten sich alle Pfadfinder unter 20 Jahren dem Alter nach in einer Reihe aufgestellt. Moritz Kapitza  war die Reihen abgeschritten und hatte alle von eins bis zwanzig abgezählt. Anna und Constantin hatten beide die Eins bekommen. Dann hatten sie sich erstmal gegenseitig vorgestellt: wie sie heißen, wo sie genau herkommen und wie sie sich heute morgen fühlen.

Constantin, Anna und ihre Gruppe sind an der nächsten Station angekommen. Beim Baumstämme-Weitwurf wollen sie ihre Stärke beweisen. Doch die andere Gruppe ist besser. Diesmal gibt es keinen Stempel. Aber die sechs lassen den Kopf nicht hängen. „Dann holen wir uns eben noch ein paar Stempel für Intelligenz“, sagt Constantin. Sie sind schon ein richtiges Team, obwohl sie vorher noch nie etwas zusammen gemacht haben.

Der Wettbewerb nähert sich langsam dem Ende. Constantin, Anna und die anderen messen sich zwischen Birken und Kiefern mit einer anderen Gruppe. Ein Leiter liest Rätsel vor. Die Gruppe, die es als erstes löst, bekommt einen Stempel. Mal weiß Constantin, der Älteste in der Gruppe, die richtige Antwort, mal Flo, der Jüngste im Team. Dann ist es Zeit fürs Mittagessen.

Pfadfinder Constantin

Als Pfadfinder lernt man soziale Kompetenz.“

Die Pfadfinder holen ihre Teller, ihr Besteck und ihre Trinkflaschen. Hier gibt es keine Wegwerfteller aus Pappe, nirgends liegt Plastik im Wald, der Müll wird sauber getrennt. Die Schöpfung zu bewahren, ist einer der zentralen Werte der Pfadfinder. „Wenn man regelmäßig in der Natur ist, lernt man auch, wie wertvoll sie ist“, sagt Moritz Kapitza. „Mir ist der Umweltschutz immer wichtiger geworden. Deshalb will ich mir das auch zur Lebensaufgabe machen.“

Die Schlange am Küchenzelt ist lang. Aber keiner drängelt. Alle warten geduldig, bis sie dran sind. „Als Pfadfinder lernt man eben soziale Kompetenz“, sagt der 19-jährige Constantin. „Wenn man zusammen draußen ist und es ist mal nass oder kalt oder ungemütlich, dann schweißt das zusammen.“ Aber ist man da nicht auch mal gereizt und wird pampig? „Klar“, sagt Constantin. „Aber auch streiten will gelernt sein.“ Und dass man aufeinander vertraut, auch wenn mal etwas schiefgeht. So wie Anna.