Wildkräuterkochen:Wenn Kräuter den Gaumen kitzeln
Nicht ein einziger Teller oder ein kleines Schüsselchen hätte mehr Platz – so reichlich gefüllt ist der große Esstisch im Pilgerhaus „Edeltraud“ an diesem sonnigen Tag. Ein Mehr-Gänge-Menü, das sich sehen lassen kann, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Wildkräuterkochens“ binnen weniger Stunden nicht aus dem Boden gestampft – aber aus dem Boden gezupft: vom Vitaminteller mit Löwenzahn als Vorspeise bis hin zum Beerentraum mit Mädesüß als Dessert.
Der Clou dabei? Was hier auf den Teller kommt, ist nicht nur schnell zubereitet und schmeckt erstklassig, sondern ist auch noch gesund. Eine recht seltene Kombination. Kursleiterin Christine Helmrich fasziniert besonders die Eigenschaft der Kräuter, zahlreiche positive Effekte in sich zu vereinen: „Sie sind wohltuend für den Körper, die Seele und den Geist und können dem Menschen so ganzheitlich helfen.“
Vogelmieren-Schmand-Dip
Für 4 Portionen
½ l Schmand
Saft einer Zitrone
2 Handvoll Vogelmiere
Traubenkernöl
Salz und Pfeffer
Den Schmand mit dem Zitronensaft und einem Schuss Traubenkernöl vermischen. Nun die Vogelmiere waschen, trocken tupfen, fein schneiden und unter den Schmand heben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Wenn gewünscht mit Blüten (z. B. Borretschblüten) dekorieren. Schmeckt hervorragend mit Salzkartoffeln oder Baguette.
Die zertifizierte Heil- und Wildkräuterexpertin kümmert sich seit 2014 ehrenamtlich um Aufbau und Pflege des Kräutergartens in der Abtei Maria Frieden. Sie sieht sich selbst als „Naturbotschafterin“ und möchte durch Kurse und Exkursionen auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Heilpflanzen hinweisen: Räuchern, Würzen, Trocknen, zu Tee verarbeiten und vieles mehr.
Das Angebot erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Helmrich erkennt einen Trend zurück zur Natur und weg von den Konservierungsmitteln und Geschmacksverstärkern der Lebensmittelindustrie. Für Kursteilnehmerin Daniela Zeller hat das „Zurück zur Natur“ aber noch eine viel wörtlichere Bedeutung: „Zum Kräuterpflücken geht man nach draußen an die frische Luft. Man bewegt sich viel bewusster durch Wald und Wiesen oder hegt und pflegt den eigenen Garten.“
Gemüse-Tortilla mit Rosmarin
Für 4 Portionen
1-2 rote Paprikaschoten
2 Zucchini
400g Kirschtomaten
1-2 rote Zwiebeln
2 Zweige Rosmarin
Butter für die Form
4 EL Olivenöl
Salz, Pfeffer, Oregano
8 Eier
Paprika und Zucchini werden gewaschen, geputzt und in kleine Stücke geschnitten; die Zwiebeln geschält und grob gewürfelt. Anschließend das Olivenöl in der Pfanne erhitzen und Paprika, Zucchini und Zwiebeln 10 Minuten lang leicht anbraten. Währenddessen können die Tomaten und der Rosmarin gewaschen und die Blätter des Rosmarins von den Zweigen gestreift werden. Die Eier verquirlen und mit Salz und Pfeffer würzen. Den Pfanneninhalt, die Kirschtomaten und den Rosmarin anschließend in eine Form verteilen und mit den vorbereiteten Eiern übergießen.
Die Form wird ca. 25 Minuten in den auf 200°C Grad vorgeheizten Ofen gegeben, bis die Eier komplett gestockt sind und die Oberfläche der Tortilla goldbraun gebacken ist. Sofort mit frischem Rosmarin servieren und genießen.
Ein solches Bewusstsein für die Natur erschaffen und die Menschen zum Staunen bringen „über die Vielfalt der Kräuter, der Gerüche, der unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen, Farben, Formen und nicht zuletzt der heilenden Wirkung“ – das war das Ziel der Benediktinerinnen, als sie 2015 beim Umbau des Pilgerhauses Edeltraud den Entschluss gefasst hatten, rund um das Gebäude einen Kräutergarten anzulegen, erinnert sich Äbtissin Mechthild Thürmer.
Inzwischen wachsen auf dem Gelände der Abtei über 100 verschiedene Kräuterarten. Und jede einzelne riecht, wirkt und schmeckt ein bisschen anders. Letzteres wird einem vor allem dann bewusst, wenn man sich nach dem „Wildkräuterkochen“ durch einen ganzen Tisch voll Kräuterköstlichkeiten schlemmt. Die Natur bietet so viel mehr Geschmacksrichtungen als Pfeffer, Salz und die abgepackte Brathähnchengewürzmischung aus dem Supermarkt – wenn man nur aufmerksam genug danach sucht, draußen im Unterholz, auf den Wiesen oder in der Abtei Maria Frieden in Kirchschletten.
Brennnessel-Bratlinge
Für 4 Portionen:
125g Maisgrieß
3 Eier
Meersalz
Frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
2 Knoblauchzehen (gepresst)
5 Handvoll Brennnessel
Evtl. etwas Dost (= wilder Majoran) oder handelsüblicher Majoran
Ein halber Liter Wasser wird zum Kochen gebracht, der Grieß mit einem Schneebesen eingerührt, kurz aufgekocht, von der Herdplatte genommen und mit Salz, Pfeffer und Knoblauch gewürzt. Die Brennnesseln reinigen, mit einem Messer zerkleinern und zur Masse hinzugeben.
Wenn die Masse etwas abgekühlt ist, hebt man die Eier unter und würzt mit etwas Dost nach Geschmack. Schließlich wird die Masse auf einem mit kaltem Wasser benetzten Backblech ausgestrichen (etwa einen Zentimeter stark), in appetitliche Stücke zerteilt und in gutem Öl beidseitig knusprig braun gebraten.
Hunger bekommen?
Wenn Sie sich für Kurse und Exkursionen zum Thema Kräuter interessieren, können Sie den Veranstaltungskalender der Abtei Maria Frieden einsehen unter www.abtei-maria-frieden.de/infos/veranstaltungen
Von Dominik Schreiner