Zum Inhalt springen

Noah lernt fürs Leben:Wie ein großer Bruder

Noah
Noah (19) absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr an einem Gymnasium in Kulmbach. Die Arbeit mit Schülern hilft Noah auch, sich selbst besser kennenzulernen.
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.16
Von:
Ann-Kathrin Thönnes

Er ist der Star der Klasse 5a. Kaum verkündet die Pausenglocke das Ende der Mathestunde, ist Noah schon von einer Traube Jungs und Mädchen umringt, die auf ihn einreden. Lisa ist noch immer sauer auf ihre Freundin –  der 19-Jährige soll ihr helfen, den Streit zu schlichten. Amelie hat die letzte Aufgabe noch nicht verstanden. Und Florian sucht jemanden, der mit ihm später eine Runde kicken geht. Noah macht ein Freiwilliges Soziales Jahr in katholischer Trägerschaft am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach.

8 Uhr: Dividieren und Multiplizieren mit 1 und 0 steht heute in Mathe auf dem Stundenplan. Noah ist schon seit sechs Uhr auf den Beinen. Über eine halbe Stunde fährt er jeden Tag nach Kulmbach. Von Müdigkeit jedoch keine Spur, Noah ist gut gelaunt und lacht viel. „Die Arbeit fühlt sich meistens gar nicht wie Arbeit an“, sagt er. Vor knapp einem Jahr war er selbst noch Schüler, jetzt geht der 19-Jährige im Klassenzimmer umher und hilft den Fünftklässlern bei ihren Matheaufgaben. Ein bisschen wie ein Lehrer, aber eben nur ein bisschen. Eigentlich sei er „mehr wie ein Freund oder großer Bruder“, findet Noah.

Die Klasse 5a, in der er vormittags arbeitet,  ist eine gebundene Ganztagsklasse. Das heißt: Jeden Tag Unterricht bis zum Nachmittag, dafür gibt es keine schriftlichen Hausaufgaben. Die werden in die Unterrichtsstunden integriert. Mehr Einzelarbeit also und damit ein größerer Betreuungsbedarf. Die Lehrer sind dankbar, dass Noah sie entlastet.

Noah

12.15 Uhr: Mittagspause. Noah geht zusammen mit den Schülern zum Essen. Zeit zum Verschnaufen bleibt dem 19-Jährigen kaum. Ihm scheint das nichts auszumachen. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mache ihm viel Spaß, sagt Noah. Grundschullehrer will er später vielleicht werden. Ganz sicher ist er sich aber noch nicht. Das FSJ soll ihm auch dabei helfen, herauszufinden, welcher Beruf zu ihm passt. Damit ist Noah nicht allein. Die „persönliche und berufliche Orientierung“ seien die häufigsten Gründe, weshalb sich junge Menschen für einen Freiwilligendienst entscheiden, bestätigt Nelli Kühn. Sie ist eine der FSJ-Verantwortlichen beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Bamberg. In Kooperation mit dem Caritasverband bietet dieser jedes Jahr 55 FSJ-Stellen im Erzbistum an – in Schulen zum Beispiel oder in Kindergärten, in Krankenhäusern und Rehakliniken, Altenheimen, Jugendzentren und in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder einer psychischen Krankheit. Die Nachfrage ist groß. Allein beim BDKJ trudeln jedes Jahr 360 Anfragen ein. Mehr als 500 junge Menschen hat Kühn in den letzten zehn Jahren während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres begleitet. „Viele haben sich in dem Jahr persönlich enorm weiter entwickelt und sind viel selbstbewusster geworden“, sagt sie.

Noah

Wenn man offen ist für neue Erfahrungen und sich auf die Menschen, die Arbeit und die Seminare einlässt, kann man nur gewinnen."

Noah

13 Uhr: Für heute verabschiedet sich Noah von Lisa, Amelie, Florian und den anderen Schülern der 5a. Er geht ein paar Häuser weiter. In dem ehemaligen Schulgebäude ist KIDZ untergebracht, die Offene Ganztagsbetreuung des Gymnasiums für Schüler von der 5. bis zur 10. Jahrgangsstufe. Bis es mit dem Büffeln weitergeht, ist noch ein bisschen Zeit. Noah spielt mit ein paar Jugendlichen Tischtennis und Karten. Langsam füllt sich der Raum. Um 14 Uhr beginnt die Hausaufgabenzeit. Noah erklärt deutsche Grammatik, fragt Englischvokabeln ab und hilft beim Lernen für die Bio-Ex am nächsten Tag.  „Ich mag die Abwechslung an meiner Arbeit“, sagt er. Es klingt fast zu perfekt. Ob es denn nie Schwierigkeiten gebe? Noah überlegt kurz und nickt dann: „Doch!“ Manchmal gebe es im Unterricht wenig für ihn zu tun, dann könne es langweilig werden. Oder wenn Schüler ihm von Problemen erzählen, die sie zu Hause haben. Am Anfang habe er nicht gewusst, wie er damit umgehen soll.  An der Schule gibt es eine Sozialpädagogin, die ihm bei solchen Fragen zur Seite steht. Auch der Austausch mit anderen FSJlern sei wichtig für ihn. Gelegenheiten dazu gibt es genug. Fünf Seminarwochen sind für die Freiwilligen bei BDKJ und Caritas verpflichtend. Die jungen Menschen setzen sich dabei intensiv mit sich selbst, mit ihrer Arbeit und auch mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander. „Richtig, richtig gut“ sei das FSJ-Konzept mit den Seminaren, findet Noah.

16.30 Uhr: Feierabend. Endlich. „Am Anfang war es schon sehr ungewohnt,  jeden Tag acht Stunden zu arbeiten“, schmunzelt Noah. Seine Entscheidung für das FSJ hat er bisher dennoch keine Sekunde bereut: „Wenn man offen ist für neue Erfahrungen und sich auf die Menschen, die Arbeit und die Seminare einlässt, kann man nur gewinnen.“

Weitere Infos zum Freiwilligen Sozialen Jahr gibt es unter: fsj-bfd.jugend-im-erzbistum.de