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Ehrenamtlich "grün":Grüne Energie & ökonomische Vernunft

Grüne Pfarrei Erlangen
Auch Pfarreien wirtschaften immer umweltschonender. Seit zehn Jahren unterstützt sie ein Energie- und Klimafonds bei notwendigen Investitionen. An Beispielen in Erlangen und Pretzfeld zeigt sich, wie grüne Ideen langfristig sogar Ersparnisse bringen – und was jeder Haushalt von den Pfarreien lernen kann.
Datum:
Veröffentlicht: 1.6.19
Von:
Hendrik Steffens

Ein Kellerraum im Erlanger Pfarrzentrum St. Marien. Wolfgang Gabriel und Wolfgang Singer prüfen das Betriebsheft zweier grün verkleideter Blockheizkraftwerke. „Lückenlose Dokumentation ist wichtig beim Umweltschutz“, sagt Gabriel durch das gedämpfte Motorgeräusch. Singer fügt hinzu: „Wenn Sie CO₂, Strom, Wärme oder Wasser einsparen wollen, müssen Sie quartalsweise messen, ob es ihnen wirklich gelingt. Dann können Sie weitere Maßnahmen ableiten.“ Betriebsstunden, Stromerzeugung und Menge der gewonnenen Wärme markieren die Effizienz der kleinen Kraftwerke. So kann kirchlicher Umweltschutz aussehen.

Die beiden Ingenieure im Ruhestand sind Teil einer Gruppe Ehrenamtlicher, die im Seelsorgebereich Erlangen Süd Umweltmanagement betreibt. Beide verstehen von Berufswegen physikalische Zusammenhänge und bringen datenbasierte Überprüfbarkeit in das Feld der Nachhaltigkeit. Sie votierten auch für die beiden Blockheizkraftwerke, die seit 2002 und 2016 laufen. Deren Motoren wandeln Gas um in günstige Heizungswärme und Strom für Kirche, Pfarrzentrum, Kita und Hort sowie einige Wohnungen, die von der Pfarrei an Studierende vermietet werden. Der Anteil des selbst erzeugten Stromes beträgt rund 80 Prozent. Im Vergleich zum Strombezug vom Energieversorger sparte die Kirchenstiftung, Wartungskosten einberechnet, im Jahr 2018 mehr als 7.000 Euro.

Grüne Pfarrei

Damit Umweltschutz funktioniert und auch Kostenersparnis bringt, braucht es ein System.“

-Wolfgang Gabriel

„Damit Umweltschutz funktioniert und auch Kostenersparnis bringt, braucht es ein System“, sagt Wolfgang Gabriel. Er weist auf einen dicken Ordner mit der Aufschrift EMAS. Das Kürzel steht für ein Europäisches Umweltgütesiegel, für das strenge Standards eingehalten werden müssen. Gabriel und Singer haben 2013 einen Ausbildungslehrgang zum Umweltauditor besucht, um die Kriterien von EMAS kennenzulernen und umzusetzen. „Um das Siegel zu erhalten, muss der achtsame Umgang mit der Schöpfung in der Pfarreiarbeit jährlich neu nachgewiesen werden“, sagt Singer. Bei der Ausbildung zum Umweltauditor werde man umfassend informiert über Mittel, mit denen Geld und Schadstoffe eingespart werden können. Etwa mit energiesparenden LED-Leuchten in der Raumbeleuchtung, Wärmedämmung an kirchlichen Gebäuden oder durch den Einkauf von umweltverträglichen Reinigungsmitteln.

Neben technischen Maßnahmen spielt auch die Inspiration der Mitmenschen eine Rolle beim Wirken zur Nachhaltigkeit in Erlangen. Das Umweltteam postet regelmäßig Informationen zum Thema auf der Homepage des Seelsorgebereichs. Mehrmals im Jahr werden Vorträge organisiert, bei denen Experten über die Dringlichkeit des Umweltschutzes sprechen. Die Resonanz sei noch gering: „Die meisten Leute wollen sich nicht einschränken lassen oder mit der Schädlichkeit ihres Verhaltens konfrontiert werden“, sagt Wolfgang Singer. Umso wichtiger sei die neue Jugendbewegung, deren Anhänger freitags die Schule sausen lassen, um für die Umwelt zu demonstrieren. Sie zeigten den Erwachsenen, die es besser wissen müssten, was für die Zukunft nötig ist.

Gockel

Ein paar Tage zuvor in Pretzfeld. Für das Foto im Pfarrhof wird der grüne Gockel noch kurz aufpoliert. Er kräht nicht, aber glänzt im Licht der Morgensonne. Als Symbol für viele Jahre kontinuierlichen Engagements für die Umwelt, geleistet von vielen Ehrenamtlichen in der Pfarrei St. Kilian mit ihrem Pfarrer Florian Stark.

Martin Wild meint, wer wie er Kinder habe und an deren Zukunft denke, müsse etwas für den Umweltschutz tun. „Wenn wir weiter solchen Raubbau an der Natur betreiben und ökologisch über unsere Verhältnisse leben, dann wird die nächste Generation das ausbaden müssen“, sagt er. Man habe dann die Möglichkeit, von der Politik Lösungen für zu hohen CO₂-Ausstoß und Klimaerwärmung zu erwarten. „Oder man kehrt vor der eigenen Haustür.“ Martin Wild hat sich für Letzteres entschieden und engagiert sich ehrenamtlich im Umweltteam der Pfarrei St. Kilian Pretzfeld.

Sein kirchliches Engagement für den Planeten begann wie bei den Erlanger Kollegen mit einer Ausbildung zum kirchlichen Umweltauditor. Das war im Jahr 2011. Danach brachte er in den pfarreilichen Arbeitskreis für Umwelt und Schöpfung den Vorschlag ein, die Standards für das europäische Umweltgütesiegel EMAS anzupeilen. „Es ist ein stetiger Prozess des Besserwerdens. Fertig sind wir nie“, weiß Wild. Doch 2016 wurde die Pfarrei, als erste im Erzbistum Bamberg, mit dem EMAS-Siegel zertifiziert. Und für dieses Jahr steht ein zukunftweisendes Großprojekt an, wenn die mehr als 20 Jahre alte Ölheizung für Kirche, Pfarrhaus und Pfarrheim durch eine moderne Pelletheizung ersetzt wird.

Grüne Pfarrei

„Eigentlich wäre diese Lösung deutlich zu teuer für unsere kleine Pfarrei“, sagt Florian Stark, der seit 2013 Leitender Pfarrer von St. Kilian Pretzfeld ist. Möglich macht die Investition der Klimafonds des Erzbistums Bamberg. Eine Ausgleichszahlung aus dem Fonds sorgt dafür, dass die Kosten nicht höher ausfallen als die für eine eigentlich preiswertere Ölheizung. „Der zentrale Vorteil wird ein geringerer CO₂-Ausstoß sein“, erklärt Pfarrer Stark. Pellets bestehen aus Restholz. Und wenn sie beim Heizen verbrannt werden, wird nur so viel Kohlendioxid ausgestoßen, wie vorher vom Baum aufgenommen wurde. Eine Verrottung im Wald würde im Zuge der natürlichen Zersetzung genauso viel CO₂ freisetzen. Damit ist die Klimabilanz deutlich besser als die einer Ölheizung.

Der Energie- und Klimafonds wurde im Rahmen der Klimaoffensive des Erzbistum Bamberg 2009 ins Leben gerufen. Er wurde mit einmalig fünf Millionen Euro bestückt, jährlich kommen 1,5 Millionen Euro hinzu. „Ziel ist es, auch kleineren Pfarreien die Möglichkeit zu bieten, nachhaltige Heizungssysteme oder energetisch höherwertige Fenster verbauen zu können“, sagt Leonhard Waldmüller, Klimaschutzmanager des Erzbistums Bamberg. Die Mehrkosten gegenüber einem Standardsystem würden als „energetischer Mehraufwand“ aus dem Energie- und Klimafonds getragen. Auch die Ausbildung Ehrenamtlicher zu Umweltauditoren wird daraus fast vollständig finanziert.

Waldmüller

Wir wollen auch kleineren Pfarreien die Möglichkeit bieten, nachhaltige Heizungssysteme oder energetisch höherwertige Fenster verbauen zu können.“

-Leonhard Waldmüller, Klimaschutzmanager des Erzbistums Bamberg

Pfarrer Stark freut sich über die Unterstützung aus dem Kreis der Ehrenamtlichen seiner Pfarrei. „Wir Hauptamtlichen müssen aber Acht geben, dass wir die Ehrenamtlichen nicht überstrapazieren“, warnt er. Im Zuge der Neustrukturierung der Seelsorgebereiche könne er sich vorstellen, dass Verwaltungsleiter im Zuge ihrer Ausbildung über Umweltschutzmaßnahmen für ihre Region ausgebildet werden. Otto Stenglein, der als frisch emeritierter Kirchenpfleger in St. Kilian auch an der Planung des neuen Heizungsprojekts mitgewirkt hat, nickt. Es könne schon anstrengend sein, die vielfältigen Auflagen für eine Zertifizierung als umweltfreundliche Pfarrei aufzubringen. Er weist auf den dicken Ordner mit dokumentierenden Unterlagen auf dem Besprechungstisch im Esszimmer des Pfarrhauses. „Aber es ist wie in der Waldarbeit – wenn ich jetzt regelmäßig neue Bäume pflanze, strenge ich mich an, ohne was davon zu haben. Aber meine Nachfahren 50 Jahre später können einen intakten Wald genießen.“

Von Hendrik Steffens

Ein Interview mit dem Klimaschutzmanager Leonhard Waldmüller finden Sie hier.