Zum Inhalt springen

Nachhaltigkeit an erster Stelle:Kirchenwald ist Zukunftswald

Kirchenwald ist Zukunftswald
Im Erzbistum Bamberg gibt es ein neues Waldbewirtschaftungskonzept. Nachhaltigkeit wird darin großgeschrieben. Der hiesige Kirchenwald – in seiner Gesamtheit beinahe 900 Hektar – wird künftig nach sieben Grundsätzen bewirtschaftet, welche die Ökologie ganz klar vor die Ökonomie stellen. Ein praktischer Schritt hin zur Bewahrung der Schöpfung, direkt vor der eigenen Haustür.
Datum:
Veröffentlicht: 4.7.23
Von:
Dominik Schreiner

Morgens in einem Waldstück bei Hirschaid. Begutachtungstermin. Ein paar Blicke hinein ins Dickicht. Ein kurzer Spaziergang entlang der Grundstücksgrenze. Dann ein Fazit: „Guter Bestand, verschiedene Laubbäume, genügend Totholz – ein Wald mit Potenzial.“ Das Urteil ist recht schnell gefällt. Vermutlich weil Klaus Neuberger ein sehr erfahrener Förster ist. Seit 1996 ist er im Bistum Regensburg für den bischöflichen Wald zuständig, seit vergangenem Jahr kommt der Diplom-Forstingenieur auch im Erzbistum Bamberg als forstlicher Berater zum Einsatz.

Nicht selten bekommt Neuberger Wälder zu Gesicht, in denen es ganz anders aussieht als hier in der Nähe von Hirschaid. Der Klimawandel mache dem Ökosystem zu schaffen, „vier von fünf Bäumen in deutschen Wäldern geht es heute schlecht“, erklärt er. Viel zu lange habe man in der Forstwirtschaft nur auf die silberne Münze gesehen, baumartenarme Nadelholzforste angebaut, das Gesamtbild außer Acht gelassen. Jetzt sei ein Großteil der Waldflächen nicht mehr vielfältig genug bewachsen, um mit den dramatischen Klimaveränderungen Schritt zu halten. Ein Umdenken und Umlenken sei dringend erforderlich.

Genau das wurde im Erzbistum Bamberg nun angestoßen. Gemeinsam mit Forstleuten aus sieben anderen Bistümern und einem leitenden Mitarbeiter der Bayerischen Forstverwaltung haben Klaus Neuberger und Vertreter des Erzbistums in den vergangenen Monaten die „Burg-FeuersteinErklärung“ erarbeitet. Ein Grundsatzpapier zum Forstbetrieb, das besonders die christliche Verantwortung zum Erhalt der Schöpfung hervorhebt und Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung gibt. Auf dessen Basis wurden schließlich die sieben Grundsätze für das diözesane Waldbewirtschaftungskonzept formuliert.

kirchenwald_4097_Schreiner

Intensiv in diesen Erarbeitungsprozess involviert war auch Sebastian Zink, Umweltbeauftragter des Erzbistums Bamberg. Er freut sich über den wichtigen Schritt hin zu einer bewussten und strukturierten Waldbewirtschaftung: „Wir haben jetzt eine klare Vorstellung davon, wie wir sicherstellen können, dass unser Kirchenwald ein Zukunftswald ist“, sagt er. Entscheidend sei dabei, den Wald als Ökosystem zu verstehen. Ein Ökosystem, das wichtige Leistungen erbringt, etwa für die Biodiversität, den Wasserhaushalt oder den Kohlenstoffkreislauf, das aber auch fragil ist und mit Weitsicht bestellt werden muss. „Das Liegenlassen von Totholz ist beispielsweise besonders wichtig für die Artenvielfalt. Viele Kleintiere, Insekten und Pilze finden darin ihren Lebensraum“, so Zink.

Maßnahmen wie diese werden nun nach und nach umgesetzt. Zunächst in Waldbeständen, die sich im direkten Eigentum des Erzbistums Bamberg befinden – rund 30 Hektar im Frankenwald. Im zweiten Schritt soll das Waldbewirtschaftungskonzept dann auch in den Wäldern der Pfründestiftungen (rund 850 Hektar) angewendet werden, erklärt Bernhard Welker. Er ist in der Liegenschaftsabteilung des Erzbistums unter anderem für die Waldbestände zuständig. Eine mitunter recht komplexe Aufgabe.

Denn die Wälder der Pfründestiftungen – das sind historisch gewachsene, meist gestiftete Besitztümer, die früher für das Einkommen und die Versorgung von Geistlichen bestimmt waren – wurden bislang weder einheitlich bewirtschaftet noch zentral organisiert. Auch das soll sich im Zuge des neuen Konzepts ändern.

Bis der gesamte Kirchenwald im Erzbistum ein echter Zukunftswald ist, wird es noch ein langer Weg sein. So wie jeder einzelne Baum, der darin steht, wächst und verändert sich auch ein Wald nur langsam. Umso wichtiger sei es, jetzt an den richtigen Stellschrauben zu drehen, betont Förster Neuberger: „Unser Wald kann nur dann eine Zukunft haben, wenn wir die Schöpfung wieder Schöpfung sein lassen, wenn wir die natürlichen Abläufe und die notwendige Artenvielfalt zurück in das Ökosystem bringen.“ Das Waldbewirtschaftungskonzept macht genau das zur Priorität.

kirchenwald_4273_Schreiner

Die sieben Grundsätze des Waldbewirtschaftungskonzepts

1. Bewahrung von Lebensräumen

„Gerade wirtschaftlich weniger interessante, schwer zu bewirtschaftende Standorte sind für die natürlichen Lebensgemeinschaften häufig sehr wertvoll. Schon mit einem Nutzungsverzicht auf fünf Prozent der Waldfläche wird ein wirkungsvoller Beitrag zur Bewahrung der Lebensgemeinschaften naturbelassener Wälder geleistet.“

2. Naturnahe Waldbewirtschaftung

„Auf den Einsatz von chemischen Holz- und Pflanzenbehandlungsmitteln wird bei einer naturnahen Waldbewirtschaftung verzichtet. Dies schließt auch den Verzicht auf nicht spezifische biologische Forstschutzmittel und künstliche Mineraldüngung ein. Vor eventuellen Kalkungsmaßnahmen wird die Notwendigkeit durch Bodenuntersuchungen am Standort nachgewiesen.“

3. Naturkreislauf beachten

„Stehendes und liegendes Totholz spielt eine bedeutende Rolle im Naturkreislauf der Wälder und wird in ausreichender Menge im Wald belassen. Bäume mit besonderer Funktion als Lebensstätte werden erhalten. Bäume mit Höhlen, Großvogelhorsten sowie wertvollen Epiphyten-, Pilz oder Kleintiervorkommen sind für die Erhaltung der Artenvielfalt von besonderer Bedeutung und deshalb zu schützen.“

4. Achtsame Waldinfrastruktur

„Zum Schutz des Waldbodens werden nicht mehr als zehn Prozent der Fläche durch Forststraßen oder Erschließungslinien versiegelt, verdichtet oder in ihrer natürlichen Bodenstruktur beeinträchtigt. Die biologische Vielfalt und Eigenart des Lebensraums Wald wird durch gezielte Maßnahmen des Arten- und Biotopschutzes bewahrt. Schützenswerte Lebensräume und Aufenthaltsorte störungsempfindlicher Tierarten werden mit einem umsichtigen Wegekonzept geschont.“

5. Jagd und Forst im Einklang

„Natürliche Verjüngung hat Vorrang vor künstlichen Bestandbegründungen. Dies setzt voraus, dass sich die Jagd am Ziel waldverträglicher Wildbestände ausrichtet.“

6. Sichtbarkeit

„Kirchenwald lebt immer als Ausschnitt größerer Bestände. Damit entsteht eine über die Grenzen kirchlichen Waldbesitzes hinausgehende Verantwortung. Die unmittelbaren kirchlichen Eigentümer greifen diese Verantwortung auf und nehmen als Träger öffentlicher Belange aus kirchlicher Sicht Stellung zu möglichen ökologischen Folgen von Planungen und Maßnahmen. Sie bringen die Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung auch als Mitglieder von Jagdgenossenschaften ein.“

7. Nachhaltiger Umgang mit dem Rohstoff Holz

„Wir bekennen uns zu einer nachhaltigen Holznutzung. Der im Rahmen einer multifunktionalen Forstwirtschaft gewonnene Rohstoff Holz erfüllt sowohl stofflich als auch energetisch eine wichtige gesamtwirtschaftliche Funktion. Wir sprechen uns für einen ressourcenschonenden Umgang mit dem Rohstoff Holz aus. Ein besonderes Augenmerk soll auf regionale Wirtschaftskreisläufe und Nutzungspfade gelegt werden.“

(Die erklärenden Zitate basieren auf dem Papier „Biodiversität und Kirchen – eine Empfehlung der kirchlichen Umweltbeauftragten“)