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Wir sind die Gesichter der Dunkelziffer

 
152 Menschen sind im Erzbistum Bamberg als Opfer von sexuellem Missbrauch in den Akten verzeichnet. Die Dunkelziffer wird auf ein Vielfaches geschätzt. Und hinter jeder Zahl in der Statistik steht ein Schicksal. Diese Menschen sind jetzt im Erzbistum Bamberg in einem Gremium vertreten, dem Betroffenenbeirat.
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.22
Von:
Harry Luck

Der Betroffenenbeirat hat die Aufgabe, die Prozesse zur Aufarbeitung zu begleiten. „Wir sind die Gesichter der Dunkelziffer“, sagt Waldemar Naperkowski, einer der Sprecher des Betroffenenbeirats, der aus sieben Personen besteht, einer Frau und sechs Männern. Der Betroffenenbeirat ersetzt natürlich keine professionellen Ansprechpartner und Therapeuten, aber er ist neben den Miss- brauchsbeauftragten des Erzbistums eine weitere Möglichkeit zur niederschwelligen Kontaktaufnahme. „Manche wollen nicht mit der Kirche oder mit Juristen sprechen.

Matthias Wünsche

Wir wollen Mut machen und Türen öffnen"

Matthias Wünsche

Dafür sind wir da, um zu sagen: Es kann euch geholfen werden“, sagt Naperkowski. „Wir sind Laien, aber wir sind auch Experten. Denn wir haben es selbst erlebt.“ Und Matthias Wünsche, der zweite Sprecher, ergänzt: „Wir wollen Mut machen und Türen öffnen.“

Über ein Kontakttelefon (09505/2381065) ist der Beirat direkt erreichbar. Vertraulichkeit kann zugesichert werden. Zugleich können Kontakte für die Beantragung von Anerkennungsleistungen oder für therapeutische Hilfe vermittelt werden, erläutert Wünsche.

Viele, die als Kinder oder Jugendliche vor Jahrzehnten Missbrauch durch Priester erlebt haben, haben schlechte Erfahrungen mit der Aufarbeitung durch die Kirche gemacht. „Verharmlosen, Leugnen, Kleinreden waren üblich“, erinnert sich ein Betroffener, der in den 70er Jahren mehrfach von einem Priester missbraucht wurde. „Wir waren Kinder, wir haben nicht kapiert, was uns geschah“, sagt er. „Der Täter war unser Lehrer und Beichtvater. Er war ein ehrenwerter Mann, die Eltern haben ihn verehrt.

Waldemar Naperkowski

Wir sind Laien, aber wir sind auch Experten. Denn wir haben es selbst erlebt."

Waldemar Naperkowski

Über ihn durfte man nichts Schlechtes sagen. Wir haben uns doch geschämt.“ Was dem Täter gar nicht bewusst gewesen sei: „Er hat unseren Glauben zerstört.“ Zudem seien die siebziger Jahre eine andere Zeit gewesen: „Schläge in der Schule oder auch zuhause waren normal.“ Von den Eltern seien die vermeintlich modernen Ansichten des Priesters sogar als fortschrittliche Pädagogik gelobt worden. Den Opfern wurde nicht geglaubt. Heute hat sich der Umgang der Kirche mit Missbrauch geändert, stellen Wünsche und Naperkowski bei aller Kritik fest: „Wir sind nicht mehr machtlos. Man schaut auf uns und hört uns. Dank einer veränderten Öffentlichkeit.“

Die Homepage des Beirats lautet www.bb-bamberg.de, E-Mail-Kontakt bb-bamberg@bnv-bamberg.de

Weitere Kontaktmöglichkeiten für Betroffene:
Missbrauchsbeauftrage Rechtsanwältin Eva Hastenteufel-Knörr, Tel. 0951/40735524, E-Mail eva.hastenteufel@kanzlei-hastenteufel.de
Oberstaatsanwalt a.D. Josef Düsel, Tel. 0951/15337, E-Mail j.duesel@web.de
Notruf bei sexualisierter Gewalt beim Sozialdienst kath. Frauen, Tel. 0951/30943341, E-Mail notruf@skf-bamberg.de
Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs: www.kommission-bamberg.de, E-Mail: info@kommission-bamberg.de

Was passiert, wenn ein Missbrauchsfall gemeldet wird?
Wie geht das Bistum mit Tätern um?
Welche Anerkennungszahlungen wurden geleistet?
Welche Hilfe bekommen Betroffene?

Diese und viel mehr Fragen beantwortet das Erzbistum in einer FAQ-Liste:
https://praevention.erzbistum-bamberg.de/haeufig-gestellte-fragen--faq-

Eine umfassende Chronologie der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ist hier zu finden:
https://praevention.erzbistum-bamberg.de/chronologie-der-aufarbeitung